Traditionelle deutsche Küche: Eine kulinarische Zeitreise durch die Jahrhunderte

Traditionelle deutsche Küche: Eine kulinarische Zeitreise durch die Jahrhunderte

Kaum etwas wird so stark durch Wohlstand, Not und Mangel geprägt, wie unser Essen. In der heutigen Zeit sind wir in Deutschland mit allen Grundnahrungsmitteln bestmöglich versorgt. Dank der Globalisierung können wir uns zudem aus dem vielfältigen Angebot an Lebensmitteln, Gewürzen und Speisen aus aller Welt erfreuen und neue Aromen in unsere Küche einfließen lassen. In den letzten Jahren wird unsere Ernährung außerdem durch ein starkes Umweltbewusstsein beeinflusst. Zum Wohl der Tiere und aus Klimaschutzgründen geht der Trend hin zur pflanzlichen Ernährung. Ähnlich wie der Sonntagsbraten zu Großmutters Zeiten kommt Fleisch bei vielen heute nur noch selten oder gar nicht mehr auf den Tisch.

Auf der anderen Seite sehnen wir uns in der heutigen, schnelllebigen Zeit nach der guten deutschen Hausmannskost: Traditionelle deutsche Küche wie Rouladen, Klöße, Königsberger Klopse und Co. Wofür steht typisch deutsche Küche und wodurch wurde sie in den Jahrhunderten geprägt? Lassen Sie uns gemeinsam auf kulinarische Zeitreise gehen.

Wie haben sich unsere Vorfahren im 18. Jahrhundert ernährt?

Im 18. Jahrhundert spielte Ernährung natürlich noch eine ganz andere Rolle als heutzutage. Die Speisen sollten nähren und sättigen – in Anbetracht der meist schweren körperlichen Arbeit. Für den Großteil der Bevölkerung waren Suppen, Breie und Muse aus Gerste, Hafer, Roggen, Hirse, Hülsenfrüchten und Gemüse die Hauptnahrungsmittel der damaligen Zeit. Auch Brot und einfacher Kuchen sowie hin und wieder ein Stück mageres Fleisch sorgten für etwas Abwechslung auf dem Speiseplan. Verzehrt wurden zudem Pilze, Waldbeeren, Wild- und Gartenobst sowie Holunder, Maulbeeren oder Hagebutten. Genauso waren Sauerkraut und saure Gurken allgemein bekannt.

Gewürzt wurde überwiegend mit Salz, verschiedenen Kräutern und Wurzelknollen. Honig wurde als Süßungsmittel verwendet. Der Rohrzucker aus Übersee war ein Privileg der Wohlhabenden – ebenso Schwarzer Tee, Bohnenkaffee, Kakao und Schokolade. Während sich der Adel an den Festtagen den edlen Gaumenfreuden hingab, litt, insbesondere zum Ende des 18. Jahrhunderts, der große Teil der Bevölkerung an Hunger. Erntemissstände führten zu großen Hungersnöten, die die Förderung des Kartoffelanbaus in Preußen durch König Friedrich den II. vorantrieb.

Die traditionelle Küche unserer Vorfahren bekam im Laufe des 18. Jahrhunderts immer mehr Einflüsse von außen. Einwanderer bereicherten den preußischen Speiseplan durch ihre national geprägten Gerichte und exotische Gewürze aus Übersee. Pfeffer, Zimt, Muskat und Nelken gesellten sich zu den einheimischen Kräutern. Im Zuge der Französischen Revolution entstanden in Europa durch die Köche, die ihre adeligen Arbeitgeber verloren hatten, die ersten Restaurants.

Die Esskultur im 19. Jahrhundert: Vom Eintopf bis zur deutschen Hausmannskost

Im 19. Jahrhundert wuchs die Bevölkerungszahl auf dem Gebiet des späteren Deutschen Reichs von etwa 23 auf über 35 Millionen. Erklären lässt sich dieses starke Wachstum unter anderem durch die Verbesserung der öffentlichen Hygiene, wie etwa der Kanalisation oder Frischwasserversorgung. Was den Rückgang von Krankheiten und Seuchen zur Folge hatte. Der Anstieg der Bevölkerung war aber kein Anzeichen für steigenden Wohlstand. Ein Großteil der Bevölkerung lebte am Rande des Existenzminimums. Entsprechend monoton war in der Regel die Speisenfolge, die abhängig vom Rhythmus der Jahreszeiten, Ernte- und Schlachtterminen war. Es gab überwiegend Eintöpfe, Suppen, Breie, Muse, Brot und hin und wieder Fleisch. In der Stadt wie auf dem Land wurden viele Vorräte angelegt und konserviert: Kartoffeln, Kohl und anderes Gemüse im Keller eingelagert, Obst getrocknet oder zu Mus, Saft und Gelee weiterverarbeitet. Gurken, Sauerkraut und Heringe wurden eingemacht und sogar Wurst in Eigenproduktion hergestellt.

Erst in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts, mit der Industrialisierung, änderten sich die Lebensbedingungen. Insbesondere der Fleischkonsum stieg und Mahlzeiten richteten sich mehr nach dem Geschmack der Menschen, nicht mehr ausschließlich nach dem saisonalen Angebot. Zum Ende des 19. Jahrhunderts stieg der Konsum von Kaffee und Zucker, Fleisch und Eiern deutlich an. Wobei die zahlreichen Arbeiterhaushalte immer noch in bescheidenen Verhältnissen lebten. Das „Praktische Kochbuch“ von Henriette Davidis aus dem Jahr 1845 wurde zum Standardwerk der deutschen Küche. Das Kochbuch verbreitete die typisch deutsche Hausmannskost auch in den ärmeren Schichten des Landes. So entwickelte sich die traditionelle deutsche Küche mit den typisch deutschen Gerichten erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts bis in das 20. Jahrhundert hinein.

20. Jahrhundert: Die Wiege der altdeutschen Küche

Erst mit dem deutschen Kaiserreich gegen Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte sich die traditionelle deutsche Küche, wie wir sie heute kennen. Schweinebraten, Schnitzel, Hühnerfrikassee und Co. haben hier ihren Ursprung. Die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde durch die Kriegsjahre von Armut und Hunger geprägt. Erst ab den 50er Jahren, in Zeiten des Wirtschaftswunders, erlebte Deutschland eine große Welle der Kulinarik. Die Gastarbeiter aus dem Süden brachten ihre Nationalgerichte wie Pizza und Döner nach Deutschland und auch das neue Reisefieber der Deutschen weckte die Lust auf internationale Speisen. So geriet die typisch deutsche Küche zu dieser Zeit mehr und mehr aus der Mode. Stattdessen standen Toast Hawaii, Quiche und Pasta Napoli auf dem Speiseplan.

Heute ist die traditionelle deutsche Küche wieder hip und angesagt. Traditionelle Speisen und regionale Produkte stehen wieder hoch im Kurs – auch dank der zeitgemäßen Interpretation altdeutscher Gerichte. Die regionale Vielfalt des Landes spiegelt sich auch in den vielen Spezialitäten wider, die je nach Region doch sehr unterschiedlich sind.

Typisch deutsche Gerichte aus Norddeutschland

Vor der Erfindung des Kühlschranks wurde Fleisch durch Pökeln und Räuchern länger haltbar gemacht – so auch bei vielen Speisen aus der norddeutschen Küche. Ein Traditionsgericht aus dem Norden ist Grünkohl mit geräucherter Schweinewurst, Speck und Kartoffeln. Ebenfalls aus dem Norden stammt Labskaus. Ein Gericht aus Kartoffelpüree, Roter Bete, Gurken und Pökelfleisch. Die traditionelle deutsche Küche im Norden ist natürlich auch vom Fischfang geprägt. Matjes und Rollmops sind zwei typische Fischspezialitäten, die durch das Marinieren eine längere Haltbarkeit erlangen. Weitere Rezeptklassiker sind der Pannfisch, die Finkenwerder Scholle oder die Hamburger Aalsuppe. Zu den Dessertspezialitäten aus dem hohen Norden zählt die Rote Grütze. Eine Nachspeise aus eingekochten Roten Beeren, die heutzutage gern mit einer Vanillesauce serviert wird.

Die deutsche Küche im Osten des Landes

Auf der Liste der traditionellen deutschen Gerichte darf die Bratwurst und insbesondere die Thüringer Rostbratwurst nicht fehlen. Auch die Thüringer Klöße sowie das Leipziger Allerlei zählen nicht nur im Osten des Landes zu den Klassikern der deutschen Küche. Zudem prägten auch osteuropäische Einflüsse den Speiseplan in dieser Region des Landes. Hier zu erwähnen sind die Soljanka, ein herzhafter Gemüseeintopf aus Russland, oder das Letscho, ein Paprikaeintopf aus Ungarn. Aus Ostpreußen stammen die beliebten Königsberger Klopse in weißer Sauce mit Kapern. Abgerundet wird die ostdeutsche Küche durch die Dresdner Eierschecke oder das sächsische Quarkkäulchen.

Traditionelle deutsche Küche aus dem Süden

Von der Weißwurst mit süßem Senf und Brezn über die Schweinshaxn bis zum Leberkäse: Im Süden des Landes mögen es die Menschen gern deftig. Als regionale Beilage zu den herzhaften Fleischgerichten werden gern Knödel oder Schupfnudeln serviert. Nationalgerichte der Schwaben sind Spätzle, Maultaschen oder aber der schwäbische Zwiebelrostbraten. Die Franken lassen nichts auf ihre Nürnberger Rostbratwurst, das Fränkische Schäufele (Schweinsschulter) oder den Sauerbraten kommen. Abgerundet wird die deftige Süddeutsche Küche durch süße Schmankerln wie die Schwarzwälder Kirschtorte oder die Bayrisch Creme.

Diese typisch deutsche Küche hat der Westen des Landes zu bieten

Sprechen wir über die westdeutsche Küche, kommen einem direkt Spezialitäten wie die Frankfurter Grüne Sauce oder der Pfälzer Saumagen in den Sinn. Die „Gris Sos“ ist eine traditionell aus sieben Kräutern zubereitete Sauce. Zu den Kräutern zählen Borretsch, Kerbel, Kresse, Petersilie, Pimpinelle, Sauerampfer und Schnittlauch. Die Frankfurter Grüne Sauce wird traditionell mit gekochten Kartoffeln und hartgekochten Eiern serviert. Der Pfälzer Saumagen ist ein Fleischgericht, bei dem die Zutaten, gefüllt in einen Schweinemagen gegart und auch serviert werden. Ebenso deftig ist das typisch deutsche Gericht „Himmel und Erde“ oder auf Rheinländisch „Himmel un Ääd mit Flönz“. Hierbei handelt es sich um Kartoffelpüree mit Apfelmus – häufig serviert mit Bratwurst. Die Kartoffeln (Erdäpfel) symbolisieren die Erde, die Äpfel den Himmel und hinter Flönz verbirgt sich eine Bratwurst mit Röstzwiebeln.

Bemerkungen

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  • JO

    Jan Oliver Bõhmfeldt

    5. März 2024

    Flönz ist nicht Bratwurst sondern eine Art von Blutwurst.

  • UJ

    Ursula Josupeit

    6. März 2024

    Habe Ihre Ausführungen mit Interesse gelesen. Zu den meisten aufgeführten Gerichten aus den Regionen Deutschlands kann ich nicht viel beitragen und denke, dass die Ausführungen der Richtigkeit entsprechen. Als gebürtige Kölnerin aus einer über Generation im rheinland ansässigen Familie muss ich Ihnen aber leider mitteilen, daß es sich bei „Flönz“ nicht um eine Bratwurst sondern BLUTwurst handelt. Diese wird beim Gericht „Himmel un Äad“ in Scheiben gebraten und auf dem Kartoffel/Apfelpürree drapiert. (Auch Pannas könnte Verwendung finden.) Übrigens finde ich den rheinischen Sauerbraten, der im Gegensatz zu den mir bekannten übrigen deutschen Sauerbratengerichten, mit Rosinen zubereitet wird ebenfalls erwähnenswert.
    Mut freundlichen Grüßen