Deutsche Auswanderung – Teil 1 – Auf nach Amerika!
- Von Silvia
Wer sich ausgiebig mit der Familienforschung beschäftigt, wird über kurz oder lang auf das Thema “Auswanderung” stoßen. Wessen Familie in Grenzregionen siedelte, hat sich mit dem Thema wahrscheinlich schon mehrfach auseinandersetzen müssen. Diesen Monat starten wir in unserem Blog eine Reihe zum Thema “Auswanderung aus Deutschland” und werden darin nach und nach die Hauptgebiete beleuchten, in denen deutsche Auswanderer eine neue Heimat fanden.
Beginnen wollen wir mit den Vereinigten Staaten von Amerika bzw. den Kolonien Pennsylvania und Virginia.
Die ersten deutschen Siedler auf amerikanischem Boden dürften den wenigstens bekannt sein. In der ersten englischen Siedlung in der neuen Welt, Jamestown, siedelte 1607 der aus Breslau stammende Arzt Dr. Johannes Fleischer, der jedoch schon im folgenden Jahr verstarb. Drei Glaser aus Deutschland, die ein Jahr später in Jamestown eintrafen, teilten sein Schicksal schon bald und fast 80 Jahre lang gab es keine nennenswerten deutschen Besiedlungen in Amerika.
FunFact: Wer den Begriff “Jamestown” nicht mehr genau zuordnen kann, der möge sich doch einmal die Geschichte um Pocahontas und John Smith zu Gemüte führen. Dort spielt die Siedlung nämlich eine zentrale Rolle.
Die Geschichte der ersten dauerhaften deutschen Siedlung in Amerika, Germantown, beginnt mit dem Engländer William Penn, Namensgeber und erster Gouverneur des heutigen Pennsylvania. Im Jahre 1681 beglich König Karl II. von Großbritannien eine größere Geldschuld bei der Familie Penn, indem er ihm ein riesiges Stück Land auf dem amerikanischen Kontinent überschrieb. Dieses Gebiet wurde später als Pennsylvania bezeichnet. Penn warb schon in 1670er Jahren für eine Besiedlung Amerikas und fuhr dafür auch nach Deutschland. Penn selbst war Quäker und durch seinen Freund Franz Daniel Pastorius ließ er Land für deutsche Quäker erwerben. Dem ersten Aufruf von Pastorius folgten 13 Familien aus Krefeld und Umgebung, die die “Original 13” genannt wurden und zumeist Mennoniten oder Quäker aus dem Raum Krefeld waren. Darunter auch die Familie “op den Graeff”, die entfernt mit William Penn verwandt war. Pastorius bereitete schon im August 1683 alles für die Ankunft vor und gründete die Siedlung Germantown. Am 6. Oktober 1683 betraten die Original 13 amerikanischen Boden, weswegen dieses Datum auch heute noch als “German-American-Day” gefeiert wird.
Genealogy Fun Fact: Wer sich für den genauen Verwandtschaftsgrad von William Penn zu der Familie “op den Graeff” interessiert, dem sei sie hier verraten: Der Vater von William Penn, William Penn Sr., heiratete Margaret Jasper, die Tochter von John Jasper und Alet Pleitjes. Alets Schwester Greitgen war die Frau von Hermann op den Graeff Sr., dem Vater der Auswanderer. Die “op den Graeffs” sind also Onkel bzw. Tanten 2. Grades von William Penn.
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In den weiteren Jahren und Jahrzehnten siedelten viele deutsche Auswanderer aus der Pfalz in Pennsylvania. Die Pfalz war zu Beginn des 18. Jahrhunderts von Kriegen und religiösen Spannungen zerrüttet und nach einem besonders harten Winter im Jahre 1708 wanderten viele Bauern nach Amerika aus. Bis 1775 kamen fast 85.000 Pfälzer in die neue Welt. Da die Deutschen in Pennsylvania zu diesem Zeitpunkt ungefähr ein Drittel der Bevölkerung ausmachten, hat sich die aus dem Pfälzischen stammende Mundart “Pennsylvania Dutch” bis heute erhalten.
Die Deutschen bildeten noch bis ins 20. Jahrhundert die größte Einwanderungsgruppe Amerikas, noch vor den Polen oder Italienern. Zwischen 1820 und 1920 kamen etwa 5,5 Millionen Menschen von Deutschland nach Amerika. Natürlich war es die boomende Wirtschaft, die viele anzog, die ihr Glück in der neuen Welt versuchen wollten. Auf der anderen Seite stand der Faktor, das viele von ihnen um ihr Überleben kämpften. Durch die Industrialisierung wuchsen die Städte und die Bevölkerung und große Bevölkerungsschichten verarmten. Dazu kam dass durch die Dampfschiffe die Kosten der Überfahrt extrem gesenkt wurden, im Vergleich zu den vorher benutzten Segelschiffen.
Bis zur Kriegserklärung Amerikas an Deutschland im ersten Weltkrieg waren die Deutschen in den USA eine der am besten organisierten und höchst angesehen Einwanderungsgruppen. Nach dem 1.2.1917 brach jedoch in Amerika eine anti-deutsche Hysterie aus, die Deutschamerikaner zunehmend unter Druck setzte, ihren Patriotismus zu beweisen. In vielen Staaten wurde die deutsche Sprache verboten, was viele Familien dazu zwang, ihren Namen zu anglisieren. Nach dem Ende des ersten Weltkriegs begünstigte der Immigration Act die Einreise deutscher Einwanderer und gestattet in der Zeit bis 1933 ca. 50.000 neuen Einwanderern die Einreise.
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In der Zeit des Nationalsozialismus verließen viele Juden Deutschland, unter ihnen auch der berühmte Physiker Albert Einstein. Durch das Einwanderungsgesetz wurde die Einreise nach Amerika erschwert, ab 1941 war es komplett illegal als Deutscher in die USA reisen zu wollen.
Allerdings bleiben die Vereinigten Staaten auch nach dem 2. Weltkrieg noch ein beliebtes Einwanderungsland für die Deutschen. Allen voran die Partnerinnen und Verlobten der in Deutschland stationierten amerikanischen Soldaten und ab den 1950er Jahren die gut ausgebildeten Fachkräfte und Wissenschaftler.
Heutzutage leben rund 50 Millionen Nachkommen deutscher Einwanderer in Amerika, was ungefähr einem Prozentsatz von 16% der Gesamtbevölkerung entspricht, wobei die wenigsten davon noch die deutsche Sprache beherrschen.
Hat Ihnen dieser Blogbeitrag gefallen? Im nächsten Kapitel wenden wir uns Südamerika und dem Kontinent “down under”, Australien, zu.