Geschichte: Die endgültige Unterwerfung der Prussen

Geschichte: Die endgültige Unterwerfung der Prussen

Im letzten Blogpost von Herrn Geis hörten wir, dass der Deutsche Ritterorden beim ungarischen König abgeblitzt ist,  als er versucht in Siebenbürgen eine eigene Herrschaft zu errichten. Noch im gleichen Jahr 1225 ruft ihn der polnische Herzog von Masowien. Er soll ihm helfen, seine nördlichen Nachbarn, die wilden Prussen, zu unterwerfen. Wie es weiter geht, steht in seinem Buch „Bauer Bürger Arbeitsmann“.

Eroberung des Prussen- (oder Pruzzen-)landes.  Aus dtv-Atlas zur Weltgeschichte. München 1964

Eroberung des Prussen- (oder Pruzzen-)landes. Aus dtv-Atlas zur Weltgeschichte. München 1964

Heute schenkt uns Herr Geis eine Leseprobe aus seinem Buch, damit ihr mal testen könnt, wie es sich lesen lässt, z.B. in Kapitel 16:

„1229-30 kommen die ersten Ordensritter in die Gegend von Kulm, etwa 150 km südlich von Danzig. Diese Gegend – sie ist damals von Polen bewohnt – überlässt ihnen Konrad von Masowien, und hier bauen sie bis 1232 ihre erste Burg in Thorn (Torun, heute Polen) und bei dem polnischen Ort Chelmno die Burg Kulm. Sofort ziehen sie deutsche Bürger und Bauern, auch Polen sind darunter, nach, und bereits 1233 stellen sie die Kulmer Handfeste aus, in welcher sie die Rechte und Pflichten der Bürger der neuen Städte Kulm und Thorn nach Magdeburger Vorbild festhalten. Ähnlich folgt Marienwerder (Kwidzyn) im Jahr 1234. Als Beispiel dafür, welche Art von Rechten den Städten damals zugestanden wird und wie sie begrenzt sind, soll hier kurz der Inhalt der einzelnen Artikel wiedergegeben werden:

Die Bürger der Stadt wählen ihre Richter selbst; Grenzen von deren Zuständigkeit; Gebühren.

  • Grenzen des Stadtgebiets; wo die Bürger fischen dürfen.
  • Die Magdeburger Rechtssprüche sollen gelten; bei Uneinigkeit entscheidet der Rat von Kulm.
  • Wie die Fähren über die Weichsel genutzt werden sollen.
  • Der Orden will in Kulm und Thorn keinen Grundbesitz erwerben.
  • Der Grundbesitz der Stadtkirchen wird festgelegt, ferner setzt  der Orden die Pfarrer ein.
  • Bei Streit um Grundstücke hat der augenblickliche Besitzer ein Vorrecht.
  • Die Bürger sollen frei von „ungerechten“ Steuern und anderen Belastungen sein.
  • Freies Erbrecht nach flandrischem Vorbild.
  • Der Orden hat ein Vorrecht auf Gewässer, Biber, Salz und Erze.
  • Welche Fischrechte ein Anrainer in Binnenseen hat.
  • Wer mehr als eine Wassermühle baut, muss eine Beteiligung des Ordens zulassen.
  • Von jedem erlegten Wild ist dem Orden der rechte Vorderbug abzuliefern.
  • Jeder, der Boden besitzt oder erwirbt, muss Verteidigungsdienst leisten.
  • Wer bereits ein Erbgut besitzt, darf keines hinzukaufen.
  • Er muss auch eine Abgabe bezahlen (tut er das nicht, muss er Strafe zahlen). Der Orden beschützt ihn dafür.
  • Wer nicht selbst Kriegsdienst leistet, muss einen Ersatzmann stellen.
  • Der Bischof erhält von jedem seinen Zehnten.
  • Landeswährung ist die kulmische Münze.
  • Ackermaß ist die flämische Hufe.
  • Im ganzen Land ist kein Zoll zu zahlen.

Wie Magdeburger Rechtssprüche aussehen, können wir in einer Rechtweisung der Magdeburger Richter an den Herzog Heinrich I. von Schlesien aus der Zeit um 1213 nachlesen:
Eure Hoheit soll wissen, dass jeder Bürger, der Haus und Hof besitzt,…darin Waren feilhalten und tauschen kann. Euch möge weiter diese unsere Freiheit als Beispiel dienen: Eigengut, das ihr der Bürgergemeinde schenkt, Feld, Wald oder Ähnliches, das dürft ihr dann gegen den Willen und die Ehre der Stadt nicht durch Gräben oder Bauten einschränken.
Wenn ihr gegen Wegelagerer und zur Abwehr von Feindesnot einen Zug ansagt, wappnen die Bürger euch vierzig Männer…auf ihre Kosten. Die anderen bleiben daheim und bewachen die Stadt.
Als Mühlenrecht gilt bei uns seit alters: wer mahlen lassen will, gibt dem Müller den 18.Teil des mitgebrachten Getreides…

Im Laufe der Zeit erhalten alle (ost-)preußischen Städte ein Stadtrecht, das der Kulmer Handfeste entspricht.

Im Jahr nach der ersten Erteilung der Kulmer Handfeste unterstellt der Orden sich direkt dem Papst, es ist dies eine beliebte Methode, sich aus allen anderen Bindungen herauszumogeln, man untersteht dann niemandem mehr.

Von Thorn aus erkämpfen sich die Ritter das Land der Prussen, das spätere Ostpreußen. Diese sind ein Volk verstreut lebender Bauern, vielleicht 170000 Menschen, die sich auf Einzelstämme wie Pomesanier, Warmier, Natanger, Samländer verteilen. Sie wollen ihre Eigenart nicht aufgeben und nicht zum Christentum übertreten. Die Ritter gehen sehr brutal vor, und die Prussen rächen sich dafür grausam an denen, die ihnen in die Hände fallen.

Fünf Jahre – bis 1235 – brauchen die Kreuzritter, bis sie das Land bis zur Ostseeküste erobert haben und dort Burg und Stadt Elbing gründen. Nachdem sie meinen, die Prussen unterworfen zu haben, haben sie größere Ziele: Sie wollen das benachbarte russische Fürstentum mit seinem reichen Handelszentrum Nowgorod erobern. Doch 1242 werden sie vom Fürsten Alexander Newski auf dem Eis des Peipus-Sees schwer geschlagen.

Das ist das Signal für einen Aufstand der Prussen. Sieben Jahre und die Unterstützung durch einen „Kreuzzug“ benötigen die Ordensritter, bis 1249 der Papst einen Kompromissfrieden vermittelt, bei dem die Prussen zwar Christen werden und die Ordensherrschaft anerkennen, aber ihre Freiheit und ihren Besitz behalten dürfen.

Die Ordensritter sichern in den folgenden Jahren ihren Besitz, indem sie Burgen bauen, darunter 1253 eine in Memel und 1255 die Burg Königsberg auf einem Hügel über dem Pregelfluss, wo ein Weg zur Bernsteinküste von der „Straße“ nach Litauen abzweigt. König Ottokar II. von Böhmen führt dort um diese Zeit ein „Kreuzheer“, nach ihm hat man die Burg benannt.

Doch die Ritter geben keine Ruhe, wie die Schwertbrüder [ein anderer Orden] versuchen sie, Teile Litauens zu erobern, und erneut holen sie sich eine blutige Nase: sie werden 1260 von den Litauern geschlagen.

Und wieder erheben sich die Prussen. 23 Jahre dauert das verzweifelte Ringen, dann sind diejenigen, die übrig geblieben sind, 1283 endgültig unterworfen und völlig rechtlos. Die Großen der Prussen fangen schließlich an, sich mit der Herrschaft des Ordens abzufinden, sie treten sogar in die Dienste des Ordens. Die kleinen Leute dagegen sind dem Orden weiter feindlich gesinnt und bleiben teilweise bis in die Reformationszeit bei ihrem heidnischen Glauben.

Obwohl die Ordensritter einen gnadenlosen Kampf führen, ist es nicht so, dass sie die Prussen nahezu ausgerottet haben. Überall leben prussische Freie auf eigenen Gütern und Bauernhöfen. Wir sehen es zum Beispiel an prussischen Ortsnamen, die sich halten, bis in der Hitlerzeit Raudohnen zu Raunen wird, Darkehmen zu Angerapp. Ihre Freien nehmen in Stadt und Land bald die gleiche Stellung ein wie Deutsche, auch unter den Rittern. Und ihre Sprache lebt weiter bis ins 17.Jahrhundert, dann fangen auch sie an deutsch zu sprechen. Eine Weile halten sich prussische Wörter in der Umgangssprache Ostpreußens, aber zum Schluss bleiben nur vier übrig: die Marjell (das Mädchen), der Kaddig (der Wacholder) und der Kujel (der Eber); Elen (der Elch) hat sogar Eingang in den Duden gefunden.

In Königsberg sind die Kämpfe bereits 1265 beendet, und damit kann der Bau der Altstadt zwischen Burg und Pregel beginnen. Bauern hat der Orden bis zu diesem Zeitpunkt nicht ins Land geholt, nur an angeworbene fremde Ritter, die ihm bei den Kämpfen geholfen haben, hat er als Bezahlung Land verteilt.

Weiter geht es im nächsten Kapitel:

Nachdem der christliche Orden das Land der Prussen und die baltischen Länder fest unter seine Herrschaft gebracht hat, erobert er auch das Land zwischen Ostpreußen und Pommern. Es ist reine Eroberungslust, Missionierung ist nicht nötig, denn hier leben Slawen, die bereits zum Christentum übergetreten sind: Kaschuben (von denen Günter Grass uns in seiner „Blechtrommel“ erzählt) und Ostpommern, im Süden auch Polen. Der Orden zieht deutsche Siedler in dieses Land, die Slawen bleiben aber in der Mehrheit. Zusammen mit dem Südwesten des ursprünglichen Ordenslands bildet es das spätere Westpreußen.

Mitten in diesem Land liegt Gdansk, deutsch Danzig; die Stadt mit ihren 2000 Einwohnern kommt 1308 unter die Herrschaft des Ritterordens. Um 1250 hatte der kaschubische Herzog von Pommerellen die dortige deutsche Kaufmannssiedlung zur Stadt erhoben. Unter den Ordensrittern, die eine gewaltige Burg bauen, entsteht ein neuer Stadtteil, der mit dem stolzen Rathaus auf dem Langen Markt. Die deutschen Kaufleute hatten in kurzer Zeit solche Reichtümer angesammelt, dass sie sich das in flandrischer Pracht errichtete Rechtstädtische Rathaus leisten können. Die Polen haben es – zusammen mit großen Teilen der Stadt – nach 1945 aus Ruinen in alter Herrlichkeit wieder erstehen lassen, es ist eine Reise wert!

In Ostpreußen beginnt nach der endgültigen Unterwerfung der Prussen – immerhin ist die Erinnerung an sie im Namen des Landes, Preußens, erhalten geblieben – eine Phase friedlichen Aufbaus. Jetzt erst – es ist die dritte Welle deutscher Ostwanderung – kommen Bauern in großer Zahl aus nah und fern, von Franken bis Schlesien – viele brechen auf aus den frisch kolonisierten Gebieten zwischen Lübeck und Schlesien -, auch Slawen wie Kaschuben, Masuren, Masovier und Polen, und natürlich Prussen. In der Königsberger Gegend sind es vor allem Niederdeutsche. Sie roden sich ihre Höfe überwiegend im Südwesten Ostpreußens und in der Gegend von Danzig, wo holländische Einwanderer die verschiedenen Mündungsarme der Weichsel eindeichen und so Möglichkeiten für Neuansiedlungen schaffen. Ins Samland nördlich von Königsberg ziehen zunächst kaum Siedler, denn es ist noch dicht von Prussen besiedelt und wird im Osten von den kriegerischen Litauern bedroht.

Vertikale Schraffierung: Polen. Horizontale Schraffierung: Litauen. Der Bereich ”Geistlicher Besitz” untersteht Bischöfen direkt und gehört nicht zum Staat des Deutschen Ordens.  Aus B.Schumacher, Geschichte Ost- und Westpreußens. Augsburg 1994

Vertikale Schraffierung: Polen. Horizontale Schraffierung: Litauen. Der Bereich ”Geistlicher Besitz” untersteht Bischöfen direkt und gehört nicht zum Staat des Deutschen Ordens. Aus B.Schumacher, Geschichte Ost- und Westpreußens. Augsburg 1994

Erst der Bau von Burgen zwischen Insterburg (Tschernjachowsk, Russland) – Lötzen (Gizycko, Polen) und der Memel (Njemen) befriedet den Ostteil Ostpreußens, die Wildnis, so dass auch hierher Siedler kommen können. Zum Teil sind es Herren aus dem Westen, die mit großen Gütern belehnt werden, zum Teil sind es deutsche und prussische Freibauern, im Süden auch Polen. Bis 1410 entstehen so 1400 Dörfer. Zusammen mögen im Ordensgebiet 1410 etwa 550000 Menschen gewohnt haben, davon 400000 Deutsche und Niederländer. Bereits um das Jahr 1350 endet allerdings der große Zug aus dem Westen, weil im Reich die Pest wütet und ein Drittel der Bevölkerung dahinrafft, vor allem in den Städten, womit die Wanderlust ein Ende findet.

93 Städte wachsen und blühen im Prussenland dank der Tüchtigkeit deutscher Kaufleute. Elbing, Braunsberg, Königsberg und allen voran Danzig bringen es durch den Export von Getreide und Holz nach Skandinavien, England und Flandern zu großem Wohlstand. Die Königsberger fangen etwa 1330 an ihren Dom zu bauen. Die Binnenstädte Thorn und Kulm kommen durch ihren Handel mit Polen, Ungarn und Russland zu Reichtum. Um 1350 fängt auch der Orden selbst an, mit Bernstein und Getreide zu handeln und sich in die Politik der Hanse einzumischen.

Im nächsten Blogpost soll es weiter gehen. Aber bevor es weiter geht, hätte ich gerne mal gehört, was ihr zu meinem Text meint (der Ordnung halber will ich hier erwähnen, dass die Abbildungen in meinen bisherigen Blogs – außer denen in meinem Blog vom 7.1.13 – nicht aus meinem Buch stammen; es enthält lediglich 35 Karten):

Was gefällt euch ?
Was gefällt euch nicht ?
Ist der Text gut lesbar und leicht verständlich ?
Habt ihr alles gewusst, was ihr im heutigen Blog gelesen habt ?
Vermisst ihr etwas ?
Was sollte anders dargestellt werden ?
Über eine Antwort würde ich mich freuen.“

Im letzten Blog hörten wir, dass der Deutsche Ritterorden beim ungarischen König abgeblitzt ist, als er versucht in Siebenbürgen eine eigene Herrschaft zu errichten. Noch im gleichen Jahr 1225 ruft ihn der polnische Herzog von Masowien. Er soll ihm helfen, seine nördlichen Nachbarn, die wilden Prussen, zu unterwerfen. Wie es weiter geht, steht in meinem Buch „Bauer Bürger Arbeitsmann“. Hier könnt ihr mal testen wie es sich lesen lässt, z.B. in Kapitel 16:

<1229-30 kommen die ersten Ordensritter in die Gegend von Kulm, etwa 150 km südlich von Danzig. Diese Gegend – sie ist damals von Polen bewohnt – überlässt ihnen Konrad von Masowien, und hier bauen sie bis 1232 ihre erste Burg in Thorn (Torun, heute Polen) und bei dem polni­schen Ort Chelmno die Burg Kulm. Sofort ziehen sie deut­sche Bürger und Bauern, auch Polen sind darunter, nach, und bereits 1233 stellen sie die Kul­mer Hand­feste aus, in wel­cher sie die Rechte und Pflich­ten der Bürger der neuen Städte Kulm und Thorn nach Magdeburger Vorbild festhal­ten. Ähnlich folgt Marienwerder (Kwidzyn) im Jahr 1234. Als Bei­spiel dafür, welche Art von Rechten den Städten damals zuge­standen wird und wie sie begrenzt sind, soll hier kurz der Inhalt der einzelnen Artikel wiedergegeben werden:

Die Bürger der Stadt wählen ihre Richter selbst; Grenzen von deren Zuständigkeit; Gebühren.

Grenzen des Stadtgebiets; wo die Bürger fischen dürfen.

Die Magdeburger Rechtssprüche sollen gelten; bei Uneinigkeit entscheidet der Rat von Kulm.

Wie die Fähren über die Weichsel genutzt werden sollen.

Der Orden will in Kulm und Thorn keinen Grundbesitz erwerben.

Der Grundbesitz der Stadtkirchen wird festgelegt, ferner setzt der Orden die Pfarrer ein.

Bei Streit um Grundstücke hat der augenblickliche Besitzer ein Vorrecht.

Die Bürger sollen frei von „ungerechten“ Steuern und anderen Belastungen sein.

Freies Erbrecht nach flandrischem Vorbild.

Der Orden hat ein Vorrecht auf Gewässer, Biber, Salz und Erze.

Welche Fischrechte ein Anrainer in Binnenseen hat.

Wer mehr als eine Wassermühle baut, muss eine Beteiligung des Ordens zulassen.

Von jedem erlegten Wild ist dem Orden der rechte Vorderbug abzuliefern.

Jeder, der Boden besitzt oder erwirbt, muss Verteidigungsdienst leisten.

Wer bereits ein Erbgut besitzt, darf keines hinzukaufen.

Er muss auch eine Abgabe bezahlen (tut er das nicht, muss er Strafe zahlen). Der Orden

beschützt ihn dafür.

Wer nicht selbst Kriegsdienst leistet, muss einen Ersatzmann stellen.

Der Bischof erhält von jedem seinen Zehnten.

Landeswährung ist die kulmische Münze.

Ackermaß ist die flämische Hufe.

Im ganzen Land ist kein Zoll zu zahlen.

Wie Magdeburger Rechtssprüche aussehen, können wir in einer Rechtweisung der Magdeburger Richter an den Herzog Heinrich I. von Schlesien aus der Zeit um 1213 nachle­sen:

…Euere Hoheit soll wissen, dass jeder Bürger, der Haus und Hof besitzt,…darin Waren feilhalten und tauschen kann. Euch möge weiter diese unsere Freiheit als Beispiel dienen: Eigen­gut, das ihr der Bürgergemeinde schenkt, Feld, Wald oder Ähnli­ches, das dürft ihr dann gegen den Willen und die Ehre der Stadt nicht durch Gräben oder Bauten einschrän­ken.

Wenn ihr gegen Wegelagerer und zur Abwehr von Feindesnot einen Zug ansagt, wappnen die Bürger euch vierzig Männer…auf ihre Kosten. Die anderen bleiben daheim und bewachen die Stadt.

Als Mühlenrecht gilt bei uns seit alters: wer mahlen lassen will, gibt dem Müller den 18.Teil des mitgebrachten Getrei­des…

Im Laufe der Zeit erhalten alle (ost-)preußischen Städte ein Stadtrecht, das der Kulmer Handfeste entspricht.

Im Jahr nach der ersten Erteilung der Kulmer Handfeste unterstellt der Orden sich direkt dem Papst, es ist dies eine be­liebte Methode, sich aus allen ande­ren Bindungen her­auszu­mogeln, man untersteht dann niemandem mehr.

Von Thorn aus erkämpfen sich die Ritter das Land der Prussen, das spätere Ostpreu­ßen. Diese sind ein Volk ver­streut leben­der Bauern, vielleicht 170000 Men­schen, die sich auf Einzel­stämme wie Pomesanier, Warmier, Natanger, Samländer verteilen. Sie wollen ihre Eigen­art nicht aufge­ben und nicht zum Chri­stentum über­tre­ten. Die Ritter gehen sehr brutal vor, und die Prussen rächen sich dafür grausam an denen, die ihnen in die Hände fallen.

Fünf Jahre – bis 1235 – brauchen die Kreuz­rit­ter, bis sie das Land bis zur Ost­seeküste erobert haben und dort Burg und Stadt Elbing gründen. Nachdem sie meinen, die Prussen unter­worfen zu haben, haben sie größe­re Ziele: Sie wollen das benachbarte russische Für­stentum mit seinem reichen Handels­zen­trum Nowgo­rod erobern. Doch 1242 werden sie vom Fürsten Alex­ander Newski auf dem Eis des Pei­pus-Sees schwer geschla­gen.

Das ist das Signal für einen Aufstand der Prussen. Sieben Jahre und die Unterstützung durch einen „Kreuzzug“ benötigen die Ordensritter, bis 1249 der Papst einen Kompromissfrieden ver­mittelt, bei dem die Prussen zwar Christen werden und die Ordens­herrschaft anerkennen, aber ihre Freiheit und ihren Besitz behalten dürfen.

Die Ordensritter sichern in den folgenden Jahren ihren Besitz, indem sie Burgen bauen, darunter 1253 eine in Memel und 1255 die Burg Königsberg auf einem Hügel über dem Pregelfluss, wo ein Weg zur Bernstein­küste von der „Straße“ nach Litauen abzweigt. König Ottokar II. von Böhmen führt dort um diese Zeit ein „Kreuzheer“, nach ihm hat man die Burg be­nannt.

Doch die Ritter geben keine Ruhe, wie die Schwertbrüder [ein anderer Orden] versuchen sie, Teile Litauens zu erobern, und erneut holen sie sich eine blutige Nase: sie werden 1260 von den Litauern ge­schla­gen.

Und wieder erheben sich die Prussen. 23 Jahre dauert das verzweifelte Ringen, dann sind diejenigen, die übrig geblieben sind, 1283 endgültig unterworfen und völlig recht­los. Die Großen der Prussen fangen schließlich an, sich mit der Herr­schaft des Ordens abzufinden, sie treten sogar in die Dienste des Ordens. Die kleinen Leute dagegen sind dem Orden weiter feindlich gesinnt und bleiben teilweise bis in die Reformati­onszeit bei ihrem heidnischen Glauben.

Obwohl die Ordensritter einen gnadenlosen Kampf führen, ist es nicht so, dass sie die Prussen nahezu ausgerottet haben. Überall leben prussische Freie auf eigenen Gütern und Bauernhö­fen. Wir sehen es zum Beispiel an prussi­schen Ortsnamen, die sich hal­ten, bis in der Hitlerzeit Rau­dohnen zu Raunen wird, Darkehmen zu Angerapp. Ihre Freien nehmen in Stadt und Land bald die gleiche Stellung ein wie Deutsche, auch unter den Rittern. Und ihre Spra­che lebt weiter bis ins 17.Jahr­hundert, dann fangen auch sie an deutsch zu sprechen. Eine Weile halten sich prus­sische Wörter in der Umgangsspra­che Ostpreußens, aber zum Schluss bleiben nur vier übrig: die Marjell (das Mäd­chen), der Kaddig (der Wachol­der) und der Kujel (der Eber); Elen (der Elch) hat sogar Eingang in den Duden gefunden.

In Königsberg sind die Kämpfe bereits 1265 beendet, und damit kann der Bau der Altstadt zwischen Burg und Pregel begin­nen. Bauern hat der Orden bis zu diesem Zeitpunkt nicht ins Land geholt, nur an angeworbene fremde Ritter, die ihm bei den Kämpfen geholfen haben, hat er als Bezahlung Land ver­teilt.>

Weiter geht es im nächsten Kapitel:

< Nachdem der christliche Orden das Land der Prussen und die baltischen Länder fest unter seine Herrschaft gebracht hat, erobert er auch das Land zwischen Ostpreußen und Pommern. Es ist reine Erobe­rungs­lust, Missio­nierung ist nicht nötig, denn hier leben Slawen, die bereits zum Christen­tum überge­treten sind: Kaschu­ben (von denen Günter Grass uns in seiner „Blechtrommel“ er­zähl­t) und Os­tpom­mern, im Süden auch Polen. Der Orden zieht deutsche Siedler in dieses Land, die Slawen bleiben aber in der Mehrheit. Zusammen mit dem Südwe­sten des ursprünglichen Ordens­lands bildet es das spätere West­preußen.

Mitten in diesem Land liegt Gdansk, deutsch Danzig; die Stadt mit ihren 2000 Einwohnern kommt 1308 unter die Herr­schaft des Ritteror­dens. Um 1250 hatte der kaschubische Herzog von Pomme­rellen die dortige deutsche Kaufmannssiedlung zur Stadt erho­ben. Unter den Or­densrit­tern, die eine gewaltige Burg bauen, entsteht ein neuer Stadt­tei­l, der mit dem stolzen Rathaus auf dem Langen Markt. Die deutschen Kaufleute hatten in kurzer Zeit solche Reichtümer angesammelt, dass sie sich das in flandrischer Pracht errichte­te Rechtstädti­sche Rathaus leisten können. Die Polen haben es – zusammen mit großen Teilen der Stadt – nach 1945 aus Ruinen in alter Herrlichkeit wieder erstehen lassen, es ist eine Reise wert!

In Ostpreußen beginnt nach der endgültigen Unterwer­fung der Prus­sen – immer­hin ist die Erinnerung an sie im Namen des Landes, Preu­ßens, erhalten geblieben – eine Phase friedli­chen Aufbaus. Jetzt erst – es ist die dritte Welle deutscher Ost­wanderung – kom­men Bauern in großer Zahl aus nah und fern, von Franken bis Schle­sien – viele brechen auf aus den frisch kolonisierten Gebieten zwischen Lübeck und Schlesi­en -, auch Slawen wie Ka­schuben, Masuren, Masovier und Polen, und natür­lich Prus­sen. In der Königsberger Gegend sind es vor allem Niederdeut­sche. Sie roden sich ihre Höfe überwie­gend im Südwe­sten Ostpreu­ßens und in der Gegend von Danzig, wo holländische Einwan­derer die verschiede­nen Mündungs­arme der Weichsel ein­deichen und so Möglichkei­ten für Neuan­siedlun­gen schaffen. Ins Sam­land nörd­lich von Königs­berg ziehen zu­nächst kaum Siedler, denn es ist noch dicht von Prussen besie­delt und wird im Osten von den kriege­rischen Litauern be­droht.

Erst der Bau von Burgen zwi­schen Insterburg (Tschernja­chowsk, Russland) – Lötzen (Gizycko, Polen) und der Memel (Njemen) befriedet den Ostteil Ostpreu­ßens, die Wild­nis, so dass auch hierher Sied­ler kommen kön­nen. Zum Teil sind es Her­ren aus dem Westen, die mit großen Gütern belehnt werden, zum Teil sind es deut­sche und prussi­sche Freibauern, im Süden auch Polen. Bis 1410 entste­hen so 1400 Dörfer. Zusam­men mögen im Or­densgebiet 1410 etwa 550000 Men­schen gewohnt haben, davon 400000 Deutsche und Niederlän­der. Bereits um das Jahr 1350 endet allerdings der große Zug aus dem Westen, weil im Reich die Pest wütet und ein Drittel der Bevölkerung dahin­rafft, vor allem in den Städten, womit die Wanderlust ein Ende fin­det.

93 Städte wachsen und blühen im Prussenland dank der Tüch­tig­keit deut­scher Kaufleute. Elbing, Braunsberg, Königs­berg und allen voran Danzig bringen es durch den Export von Getreide und Holz nach Skandinavien, England und Flandern zu großem Wohlstand. Die Kö­nigs­berger fangen etwa 1330 an ihren Dom zu bauen. Die Binnenstädte Thorn und Kulm kommen durch ihren Handel mit Polen, Ungarn und Russland zu Reichtum. Um 1350 fängt auch der Orden selbst an, mit Bernstein und Getrei­de zu handeln und sich in die Politik der Hanse einzumischen.>

Bemerkungen

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  • Remo

    23. März 2013

    Ich freue mich jedesmal wieder auf solche Geschichtsbeiträge. Sie sind verständlich geschrieben und zeigen mir immer wieder neue Sichten auf die Lebensumstände meiner in Europa weitverstreuten Ahnen.
    Ich warte mit Spannung auf die nächsten Beiträge. Vielen Dank und weiter so.
    Beste Grüsse
    Remo

  • Achim Linck

    3. April 2013

    Nicht schlecht gemacht, aber sehr flach gehalten. Z.B. wird nicht erwähnt, welche Orden gemeint sind. Maßgeblichen Anteil hat z.B. der OSBvL (Orden der Schwertbrüder von Livland) Als ehem. Ordensgroßmeister fällt mir dazu auch auf, dass die wichtigen geschichtlichen Ordenszusammenhänge sehr schlecht, oder gar nicht, benannt werden. Gut allerdings ist es, das Thema endlich einmal in Gänze aufzugreifen und darüber zu berichtren. Es ist auch ein Stück deutsches Kulturgut!

  • Hans-Peter Geis

    3. Juni 2013

    Zum Kommentar von Achim Linck vom 3.April 2013 – das ist jetzt schon eine Weile her – möchte ich bemerken, dass ich in diesen Blogposts nicht den Ehrgeiz habe eine detaillierte Geschichte von irgendeinem Land oder Volk oder einer Organisation zu schreiben. Es gibt genug Literatur, welche z.B. über die geschichtlichen Ordenszusammenhänge aufklärt, in meinem mehrfach erwähnten Buch „Bauer Bürger Arbeitsmann“ steht auch mehr. Mein Ziel mit diesen Blogposts ist es, nur die großen Linien aufzuzeigen, damit die Ahnenforscher verstehen, warum sie Vorfahren oder Verwandte aus anderen Ländern haben.