Die historische Entwicklung der Ahnenforschung – Teil II

Die historische Entwicklung der Ahnenforschung – Teil II

Letzten Freitag haben wir diese kleine Reihe zur historischen Entwicklung der Ahnenforschung gestartet. Heute geht es um die NS-Zeit und der Ahnenforschung heute.

Um das Jahr 1900 begann die Ahnenforschung an Breite und Tiefe zu gewinnen. 1869 war in Berlin der Verein “Der Herold” gegründet worden, 1870 in Wien “Der Adler”, die ersten genealogischen Vereine im deutschsprachigen Raum. In Leipzig wurde 1904 die Zentralstelle für Deutsche Personen- und Familiengeschichte gegründet – immer mehr Menschen widmeten sich der Ahnenforschung.

Der Begründer der modernen Genealogie: Kekulé von Stradonitz

Der Begründer der modernen Genealogie: Kekulé von Stradonitz

In dieser Phase zeichnete sich aber auch eine Spaltung der Genealogie in zwei Lager ab. Um den Genealogen Stephan Kekulé von Stradonitz, auf den das heute meistgenutzte System zur Nummerierung von Ahnenreihen zurückgeht, bildete sich eine soziologisch und historisch orientierte Genealogie, bei der Familienkunde und die praktischen Probleme der Forschung im Vordergrund standen.

Der Historiker Ottokar Lorenz dagegen trat für eine naturwissenschaftlich ausgerichtete, an der Vererbungslehre orientierte Genealogie ein. Auf dieser Richtung basierte auch das genealogische Denken der nationalsozialistischen Rassen-Ideologie, welche die Ahnenforschung wie schon im Mittelalter zur Abgrenzung und Ausgrenzung gesellschaftlicher Gruppen nutzte.

Das 1934 eingerichtete Amt für Sippenforschung der NSDAP, später in Reichssippenamt umbenannt, war für die Gleichschaltung und ideologisch korrekte Ausrichtung aller familienkundlichen Aktivitäten zuständig. Genealogie und Ahnenforschung wurden immer mehr als eine Erscheinung des Dritten Reiches angesehen, was nach Kriegsende dazu führte, dass der Familienforschung in Deutschland mit großer Skepsis begegnet wurde.

Nach 1945 gingen denn auch neue Anstöße in der Genealogie von Frankreich, den Niederlanden, Schweden, Großbritannien und den USA aus, wo sich die Familiengeschichtsforschung zu einem weit verbreiteten Hobby entwickelte.

Einen Meilenstein setzte die Genealogische Gesellschaft von Utah mit der ersten Anwendung des Computers in der Genealogie und übernahm damit auch international eine Führungsrolle. Die Genealogen in Deutschland und Österreich begannen dagegen um 1950, alte Vereine, Verlage und Zeitschriften von vor 1933 wieder- oder neu zugründen.

Durch die stark gestiegene Verbreitung des Internets ab 1994 hat auch die Genealogie einen enormen Aufschwung genommen. Weltweit können nun schnell und einfach Kontakte zwischen Forschern geknüpft werden und viele genealogische Datenbanken mit Millionen von Ahnentafeln sind im Internet für Recherchen zugänglich.

Bemerkungen

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  • Gunnar Carlsson

    29. Juli 2012

    The portrait shows Friedrich August Kekulé von Stradonitz. He was father of the genealogist Stephan.