Timo Kracke ganz persönlich!

Timo Kracke ganz persönlich!

Heute startet im deutschsprachigen MyHeritage-Blog unsere neue Interviewreihe. Wir möchten für euch zukünftig viele interessante Menschen zum Thema Ahnenforschung interviewen. Unser erster Gesprächspartner ist, wie sicherlich jedem bekannt, Timo Kracke.

Timo Kracke ist 35 Jahre alt, Familienvater, Genealoge, Autor, Blogger, Musik- und Computer Fan und erforscht seit 1997 seine eigene Familie in Deutschland, Niederlande, Polen, Tschechien, und den U.S.A. In seinem Blog berichtet er über die Familienforschung und Genealogie im Allgemeinen. Timo ist Mitglied in verschiedenen genealogischen Vereinen und arbeitet ehrenamtlich mit an der Erstellung des Ortsfamilienbuch Harpstedt.

MyHeritage (MH): Lieber Timo, wie und seit wann fing dein Interesse für die Ahnenforschung an?

Timo Kracke (TK): Mein Interesse für Genealogie fing eher auf eine etwas seltsame Weise an. Ich war schon früh an Computer, Internet und allem drumherum interessiert und hatte mir entsprechend früh eine eigene Domain, www.kracke.org registriert. Über aber ein adäquates Thema für die Internetseite zu finden, tat ich mich einwenig schwer – bis mich ein Freund auf die Idee mit der Ahnenforschung brachte. Kurzerhand habe ich die ersten Daten zusammengetragen und auch gleich ein paar Forschungserfolge gehabt. Und fast jeder Familienforscher wird mir bestätigen können, wenn man erstmal die ersten Erfolgserlebnisse hat, wird es schnell zu einer kleinen Sucht 🙂
Die Anfänge waren bereits 1996 gemacht worden, als ich die Internetseite gestartet hatte. Wirklich effektiv geforscht habe ich aber erst ca. 1998 einmal in einem Archiv. Nach einer kleinen Pause von der Genealogie bin ich dann 2006 wieder durchgestartet und seither stramm dabei meine Familienverbindungen zu erforschen.

MH: Wohin führte dich deine Reise? Wie erfolgreich bist du bei der Ahnensuche?

TK: Meine Vorfahren kommen wirklich aus den verschiedensten Regionen Deutschlands. Niedersachsen, Bremen, Baden-Württemberg, Niederlande, Polen und der Tschechei. Je nach Region muss natürlich auch auf verschiedene Quellen zugegriffen werden und kann auch nicht immer selber geforscht werden.

In Baden-Württemberg zum Beispiel habe ich einmal eine professionelle Genealogin beauftragt die mir einige Dokumente herausgesucht hat und mich so in der Forschung weiter bringen konnte.

Erfolg in der Suche ist natürlich etwas relativ, denn auch auf nur ein einzelnes Datum, nachdem jahrelang gesucht wurde kann schon ein grosser Erfolg sein, wenn man auf der anderen Seite ein Fund in einem Ortsfamilienbuch viele, viele neue Namen und Daten bringt, aber auch „nur ein“ Erfolg ist.

Zusammenfassend würde ich aber sagen, dass ich mit meinen bisherigen Ergebnissen schon zufrieden bin. Genealogie bedeutet auch ein Stückweit Geduld – denn viele Daten brauchen sehr lange bis sie wirklich herausgefunden werden können.

MH: Wie findet deine Familie deine Leidenschaft? Sind die Kinder (oder besser Eve) selber schon kleine Ahnenforscher? Kannst du sie dafür begeistern?

TK: Meine Frau Christina ist durchaus interessiert und freut sich mit mir über Erfolge und Neuigkeiten in unserer Familiengeschichte. Ich erforsche ja auch die Familie meiner Frau mit derselben Intensität die ich auch in meine Vorfahren stecke. Allerdings ist bei Christina nicht die Leidenschaft ausgebrochen um einmal selber zu forschen.
Meine Tochter Eve ist mit 5 Jahren noch ein bisschen zu jung um wirklich vom Virus Ahnenforschung infiziert worden zu sein. Im Juni werde ich aber mal einen ersten grossen Ahnenforschungs-Tag mit ihr machen. Ich hatte die Idee mit ihr einmal einen Familienstammbaum zu basteln und bin dann über diese Idee dazu gekommen einmal mit ihren Erzieherinnen im Kindergarten darüber zu sprechen. Die Idee hat sich entwickelt und ich habe ein paar Spiele und Bastelanleitungen für Kindergartenkinder entworfen und werde die dann im Juni in ihrem Kindergarten einmal spielen bzw. basteln. Die ganze Geschichte dazu findet sich auch in meinem Blog: www.kracke.org/kids-genealogie

MH: Wie sieht ein typischer Timo Kracke-Tag aus?

TK: Den ganz typischen Timo Kracke-Tag gibt es eigentlich nicht. Allerdings ist es schon ein muss, nachdem die Arbeit getan ist und die Kinder im Bett sind in meine Emails, Facebook und Twitter-Netzwerke zu sehen und mich über Neuigkeiten und Ergebnissen bei anderen Forschern oder Genealogie-Bloggern zu informieren. Für wirkliche genealogische Forschungen ist der Feierabend in der Woche leider etwas zu knapp bemessen und Forschungen fallen dann eher auf das Wochenende oder einen Urlaubstag.

So ein Forschungstag wird dafür dann aber immer ein bisschen zelebriert. Tasche mit Schreibutensilien, Computer, Nervennahrung, Wasser usw. wird gepackt – morgens noch einen Coffee-2-go und ab ins Archiv. Im Archiv, der Kirche der Mormonen oder sonstigen Quellen wird sich dann auf die vorbereiteten Forschungen gestürzt und intensiv an den Vorfahren „gearbeitet“.

MH: Erzähl mal ein bisschen über deine Webseite http://www.kracke.org/ ? Wie kam es dazu und bekommst du viele Anfragen über die Seite?

TK: Die Internetseite selbst ist für mich eigentlich die beste Möglichkeit meine Forschungserfolge und Erlebnisse mit der Familie und anderen Forschern zu teilen.
Natürlich kann ich für jedes Familienmitglied einen neuen Ausdruck anfertigen, oder ihm lange Reports mitbringen, aber durch eine Internetseite hat jeder die Möglichkeit jederzeit sich über die Forschungen (die ja meistens auch die seiner Familie sind) zu informieren und darin zu stöbern. Auf meiner Seite setze ich die Software TNG ein und kann somit auch sehr schön Medien mit den Daten und Fakten verbinden oder auch dynamische Ahnenlisten erzeugen.

Die Resonanz auf die Internetseite ist ganz unterschiedlich – zum einen hängt es etwas von der Jahreszeit ab, denn im Winter forschen mehr Leute als im Sommer. Aber generell bekomme ich so 2-3 Emails in der Woche von anderen Forschern die Verwandtschaften entdeckt haben, oder etwas beitragen können. Leider gibt es auch eine gewisse Menge an Besuchern die sich einfach nur an den Daten bedienen und nicht einmal ein Wort darüber verlieren, dass meine Daten genutzt wurden.

Ich selber halte es zum Beispiel immer so, dass ich den Urheber der Daten informiere das ich etwas von ihm verwende oder wir darüber sogar verwandt sind. Weiterhin wird die Quelle zu den Daten verknüpft und es ist für jedermann ersichtlich woher die Daten stammen.

MH: Was war dein schönstes Erlebnis bei der Suche?

TK: Das schönste kann ich so direkt gar nicht benennen. Für mich ist es immer schön, wenn ich einen neuen Verwandten ausfindig mache, der meine Leidenschaft teilt und wir unsere Familienstammbäume verbinden können.

Zwei wirklich schöne Erlebnisse hatte ich in der Familie meiner Frau. Das Kriegstagebuch des Großvaters meiner Frau war zwar im Besitz der Familie, konnte aber leider mangels Sütterlin-Kenntnissen und der wirklich sehr kleinen unleserlichen Schrift nicht gelesen werden. Mit Hilfe eines Forscherkollegen aus einem Verein konnte ich das gesamte Tagebuch transkriptieren und in leserliche Form bringen. Ergänzt um Bilder und geschichtliches habe ich das Tagebuch gebunden und konnte es den drei Brüder schenken – feuchte Augen waren da garantiert.

Die zweite Sache ist die Verbindung der Familie meiner Schwiegermutter zu Verwandten in den USA. Angefangen hatte es damit, dass ich versucht hatte die gesamte Familie aus dem Kirchenbuch zusammen zu stellen und feststellte, dass drei Brüder in die USA ausgewandert sind. Durch einige Online-Quellen hatte ich Zugriff auf Volkszahlregister und konnte die Familie in Kentucky ausmachen. Weiter ging es über ein paar weitere Hinweise bis hin zu Bildern von Grabsteinen auf findagrave.com und eine Verbindung zu einem lebenden Nachkommen in Kentucky – eine wirklich schöne Stammbaumerweiterung, mit der ich auch der Familie meiner Schwiegermutter eine Freude machen konnte.

Dazu ein Link: http://www.kracke.org/blog/?p=207

Im Allgemeinen kann man sagen, dass die Momente in denen andere Familienmitglieder sich mit mir freuen können sind die bewegensten und schönsten.

MH: Vor 3 Wochen bist du wieder Papa geworden. Ich habe gelesen, dass dich die Geburt von Eve damals dazu anspornte weiter in deiner Vergangenheit zu „graben“. Wie sieht es nun mit der Geburt von Eric aus? Kommen die gleichen Gefühle hoch?

TK: Die Geburt unserer Tochter war natürlich ein Ereignis das mich anspornte wieder etwas mehr über die Familie zu erfahren. Allerdings wurde es kontinuierlich mehr und die Ahnenforschung somit zu meinem Hobby Nummer Eins. Eine Steigerung wäre eigentlich kaum noch möglich ohne die Familie zu vernachlässigen und auch wenn mich die Geschichten um die Geschichte der Familie sehr interessieren ist mir die Familie im Heute und hier wichtiger und ich erlebe mit meiner Frau und den Kindern lieber neue Geschichte!

MH: Hast du für unsere Hobby-Ahnenforscher irgendwelche wichtige Profi-Tipps?

TK: Erstmal würde ich mich selber nicht als „den Profi“ darstellen, aber trotzdem sind dies die für mich wichtigen Punkte.

  • Quellenangaben machen, denn nichts ist schlimmer als nach 10 Jahren nicht mehr zu wissen woher Daten stammen wenn etwas ergänzt werden soll oder man evtl. abweichende Informationen erhält
  • Nicht alles glauben was einem zugetragen wird oder im Internet steht. Viele verbinden Daten aufgrund von Annahmen die schnell zu Tatsachen werden.
  • Möglichst alles mit Original-Quellen (Urkunden, Kirchenbüchern usw.) abgleichen!
  • Soziale Netzwerke (facebook, twitter usw.) nutzen – hier tummeln sich oftmals interessierte Familienmitglieder und Familie und Freund können schnell über die aktuellen Forschungen, Erlebnisse informiert werden.

Ich habe auch mal etwas zum Thema „Genealogie Etikette“ in meinem Blog geschrieben. Hier zum Nachlesen der Link: http://www.kracke.org/blog/?p=1057

MH: Was sollten Sie als erstes tun oder was sollte man bei der Suche vermeiden?

TK: Meine Empfehlung lautet eigentlich immer nach diesen Grundregeln zu starten:

  • zu erst die eigene Familien interviewen
  • nach Familienstammbücher und Urkunden fragen
  • wenn die Daten im Bereich nach 1875 liegen, dann im entsprechenden Standesamt nach Urkunden (Kosten!) fragen und mit den Informationen weiter arbeiten
  • alle Daten aus den Bereichen vor 1875 sind in Krichenbucharchiven zu erforschen

Man sollte sich mit der „alten Schrift“, Sütterlin vertraut machen und zumindest versuchen es lesen zu können, aber trotzdem keine Vermutungen anstellen, sondern nur Fakten verwenden.

Am besten die Familienforschung mit einer Software (oder einem Online-Dienst ;)) verwalten, denn in Word oder Excel verliert sich schnell der Überblick. Mit einer Genealogie-Software wird nicht nur das Verwalten einfacher, auch Auswertungen und Datenaustausch mit anderen Forschern wird viel einfacher und standardisiert.
Auch hierzu finden sich ein paar Anregungen in der „Genealogie Etikette“.

MH: Letztes Jahr haben wir uns auf dem deutschen Genealogentag getroffen. Nimmst du dieses Jahr wieder teil?

TK: Der Genealogentag 2009 in Bielefeld war mein erster Besuch auf einem Genealogentag bisher und hat mir wirklich sehr gut gefallen – Kontakte persönlich treffen, interessante Vorträge hören, sich einmal in Ruhe unter gleichgesinnten umschauen und Erfahrungen austauschen.

Der Genealogentag in Stralsund reizt mich schon, aber aufgrund des Familienzuwachses im Mai, unser Sohn Eric, werde ich einen Besuch eher spontaner planen.

Aber wenn ich da bin, komme ich natürlich auf ein Pläuschen am MyHeritage-Stand vorbei. 🙂

MH: Gibt es andere Veranstaltungen, die du regelmäßig besuchst?

TK: Eigentlich gibt es keine ganz regelmäßige Veranstaltung zum Thema Genealogie in meiner Nähe. Aber die genealogischen Vereine in denen ich Mitglied bin veranstalten regelmäßig Quatsch- und Klönnachmittage oder auch Arbeitsgruppen, wie in der Maus e.V., Bremen. Hier werden Dokumente aus dem Archiv digitalisiert oder auch das Projekt der Friedhofsbilder besprochen und vorangetrieben.
Je nach Thema besuche ich auch immer gerne Vorträge der genealogischen Vereine oder Ausstellungen mit geschichtlichen oder Familienforscher Hintergrund hier in der Region.

Timo in seinem Treppenhaus, vor seiner Ahnentafel, aus Nordwest-Zeitung, Oldenburg

Wir möchten uns hier nochmal ganz herzlich bei Timo Kracke für das nette Interview bedanken. Das gesamte MyHeritage-Team wünscht dir weiterhin viel Erfolg bei der Ahnensuche.

Bemerkungen

Die E-Mail-Adresse wird privat gehalten und nicht angezeigt.

  • clarkHH

    2. Juni 2010

    Bei Genealogie-Etikette fehlt im LINK ein b im Wort „blog“!!! Deshalb wird die Seite bis dato nicht gefunden.

    • S

      Silvia

      2. Juni 2010

      Danke clarkHH, hab ich berichtigt.

  • Marianne Scheffler

    3. Juni 2010

    Ja,das finde ich ein doch sehr interessantes Interview.Macht Freude es zu lesen.

  • Jens

    4. Juni 2010

    Das Interview gefällt mir auch sehr. Ich bin auch auf dem Genealogentag und würde mich freuen sowohl Silvia als auch Timo zu treffen! 🙂