Die Wahrheit in meiner DNA: Wie ich durch die Suche nach meinem leiblichen Vater meinem Bruder nähergekommen bin

Die Wahrheit in meiner DNA: Wie ich durch die Suche nach meinem leiblichen Vater meinem Bruder nähergekommen bin

Über 50 Jahre lang lebte ich mit einer Geschichte über mein Leben, die sich irgendwie… unvollständig anfühlte.
Ich glaubte das, was man mir immer erzählt hatte: dass ich der Sohn eines stillen Mannes war, der nach dem Krieg nach Wien zurückkam, seine Verlobte – also meine Mutter – heiratete und mit ihr eine Familie gründete. Erst kam ich zur Welt, drei Jahre später dann mein kleiner Bruder.

Aber manchmal wartet die Wahrheit still und leise irgendwo im Hinterkopf – so lange, bis wir bereit sind, ihr wirklich ins Gesicht zu sehen.

Viktor Gröger

Viktor Gröger

Ein Flüstern aus der Vergangenheit

Ich bin im Nachkriegs-Wien aufgewachsen und hatte eine enge Bindung zu meiner Mutter und meiner Großmutter mütterlicherseits. Sie war eine getaufte Jüdin, hatte den Holocaust überlebt und lebte bei uns.
Wir führten ein bescheidenes Leben – manchmal half uns Verwandtschaft, die nach Venezuela ausgewandert war, über die Runden.

Viktor’s Großmutter in 1959
Viktor’s Großmutter in 1959
Viktor’s Großmutter in 1959

Mein Vater – oder besser gesagt, der Mann, den ich immer für meinen Vater hielt – war ein zurückgezogener, stiller Mensch.
Im Gegensatz zu meinem Bruder hatte ich nie eine richtige emotionale Verbindung zu ihm. Erst viele Jahre später, nach dem Tod beider Eltern, fing ich an, meine Kindheit mit neuen Augen zu betrachten – besonders im Rahmen von Persönlichkeitsseminaren in der Lebensmitte.

Und plötzlich tauchten alte Erinnerungen auf. Sätze meiner Mutter, die ich damals nie wirklich verstanden hatte, begannen plötzlich Sinn zu ergeben.
Einmal hatte sie gesagt, ich sei ein „Achtmonatskind – aber von ganz normaler Größe.“ Ich erinnerte mich auch an einen Familienfreund, der bei meinem Anblick witzelte: „Ein Achtmonatskind? Das klingt aber nicht ganz koscher!“
Und dann war da noch diese eine Aussage, die sie mir anvertraut hatte: Sie habe sich damals zwischen zwei Männern entscheiden müssen – und den genommen, „der sie mehr gebraucht hat.“

Viktor mit seinem Bruder und seinen Eltern in 1953. Foto eingefärbt und verbessert von MyHeritage
Viktor mit seinem Bruder und seinen Eltern in 1953. Foto eingefärbt und verbessert von MyHeritage
Viktor mit seinem Bruder und seinen Eltern in 1953. Foto eingefärbt und verbessert von MyHeritage

Diese Sätze meiner Mutter – sie waren der erste echte Riss im Fundament meiner Familiengeschichte.

Die Spur der DNA

Ich sprach mit meinem Bruder über meine Zweifel, und gemeinsam entschieden wir uns, einen DNA-Test zu machen. Die Ergebnisse bei MyHeritage bestätigten schließlich das, was ich längst geahnt hatte: Wir waren nur Halbbrüder.
Und so seltsam es klingt – ich war erleichtert. Auf einmal ergaben viele unausgesprochene Spannungen in unserer Familie plötzlich Sinn.

Ich machte mich auf die Suche nach meinem leiblichen Vater. Nicht mit Groll, sondern mit Hoffnung.
Fünf Männer aus der Vergangenheit meiner Mutter kamen infrage – einer von ihnen war mir sogar vor 50 Jahren schon einmal begegnet. Unter ziemlich ungewöhnlichen Umständen.

Viktor mit seiner Mutter und seinem jüngeren Bruder in 1953. Foto eingefärbt und verbessert von MyHeritage
Viktor mit seiner Mutter und seinem jüngeren Bruder in 1953. Foto eingefärbt und verbessert von MyHeritage
Viktor mit seiner Mutter und seinem jüngeren Bruder in 1953. Foto eingefärbt und verbessert von MyHeritage

Damals ahnte ich nichts – aber ich war ihm schon einmal begegnet

Während meiner Physik-Dissertation brauchte ich damals eine ganz bestimmte Schraube, die schwer zu besorgen war. Meine Mutter meinte, sie könne mal einen alten Bekannten aus der Branche anrufen. Am nächsten Tag stand ich in einem Betrieb im neunten Bezirk von Wien. Man gab mir die Schrauben – einfach so, kostenlos – und bat mich dann, kurz mit nach oben zu kommen.

In einem kleinen Büro wartete ein freundlicher Mann. Er sagte, er erinnere sich gern an meine Mutter und wünschte mir alles Gute. Ich sah ihn nie wieder.
Erst Jahrzehnte später sollte ich durch einen DNA-Test – und eine Kette fast unglaublicher Zufälle – erfahren: Dieser Mann war mein leiblicher Vater.

Der Durchbruch

Meine Suche zog sich über Jahre. Zwischendurch versuchte ich, die Spur einer Familie aus dem damaligen Österreichisch-Schlesien zurückzuverfolgen – aber ich kam nicht weit genug zurück. Und dann, völlig unerwartet, bekam ich eine E-Mail: Ein Mann recherchierte über seinen unbekannten Großvater. Die DNA hatte ihn zu mir geführt – und zu der Erkenntnis, dass sein Großvater auch mein Vater war.

Seine Großmutter hatte alte Notizen hinterlassen. In einer davon stand der Name jenes Mannes, der mir damals mit der Dissertation geholfen hatte – aber diesmal nicht als „alter Freund der Familie“, sondern als jemand, mit dem sie eine intime Beziehung hatte. Das war die Bestätigung.

Weitere DNA-Treffer gaben mir noch tiefere Einblicke in das Leben meines Vaters. Als ich Kontakt zu den Verwaltern des Grabes seines verstorbenen Sohnes aufnahm, meldete sich irgendwann dessen Witwe bei mir. Heute verbindet uns eine echte Freundschaft. Sie hat mir unzählige persönliche Geschichten und Familienerinnerungen erzählt – Dinge, die ich sonst nie erfahren hätte.

Eine stärkere Verbindung als je zuvor

Was ich am wenigsten erwartet hätte: Wie sehr diese Reise meine Beziehung zu meinem Bruder verändert hat. Die Erkenntnis, dass wir „nur“ Halbbrüder sind, hat uns nicht voneinander entfernt – im Gegenteil, sie hat uns noch enger zusammengeschweißt.
Wir sind gemeinsam aufgewachsen, haben dieselben Familienmuster erlebt, dieselben offenen Fragen gespürt. Jetzt kennen wir die Wahrheit – und die verbindet uns auf eine ehrliche, tiefere Weise.

Heute weiß ich viel klarer, wer ich bin und wo ich herkomme. Ich fühle mich mehr denn je mit meinen Wurzeln verbunden – und mit dem, was ich an meine eigenen Kinder weitergebe.

Viktor with his wife and their two sons

Viktor seine Frau und deren zwei Söhne

Für alle, die einen ähnlichen Weg gehen: Gebt nicht auf.
Der Weg kann lang sein, und die Antworten lassen manchmal auf sich warten – aber wenn die Wahrheit ans Licht kommt, ist es das wert. Nicht nur, weil man endlich Bescheid weiß, sondern weil mit der Wahrheit auch Heilung möglich wird.

Dank der DNA und Plattformen wie MyHeritage konnte ich ein verborgenes Kapitel meines Lebens aufdecken. Und vor allem habe ich gelernt: Familie bedeutet mehr als nur gemeinsame Gene. Es geht um Verbindung, um Liebe, um gemeinsame Geschichte – egal, wie sie beginnt.

Ein riesiges Dankeschön an Viktor, dass er seine bewegende Geschichte mit uns geteilt hat!
Hast du auch etwas Unglaubliches mit MyHeritage entdeckt? Dann erzähl uns davon – über dieses Formular oder per Mail an stories@myheritage.com.