Helau und Alaaf! Karneval in Deutschland

Helau und Alaaf! Karneval in Deutschland

Auch wenn in den letzten zwei Jahren der Karneval in Deutschland etwas zu kurz gekommen ist, so kennen wir doch alle “Helau” und “Alaaf” aus unserer Kindheit von den Karnevalsumzügen, den privaten Feiern oder den närrischen Sitzungen im Fernsehen. Die Menschen verkleiden sich in bunten Kostümen, schminken sich und verdecken ihre Gesichter mit Masken. Je nach Region sind die Bräuche unterschiedlich und auch die Dauer der verrückten Tage kann variieren.

In Deutschland kennt man Karneval auch als Fasching, Fastnacht oder auch die fünfte Jahreszeit. Er hat eine lange Tradition und wir wollen heute zeigen, wo seine Wurzeln liegen.

Das närrische Treiben des Karneval ist eng verbunden mit der christlichen Fastenzeit, kommt der Ausdruck “Karneval” doch vom lateinischen “Carne Vale”, was soviel bedeutet wie “Fleisch, leb wohl”. Der Begriff “Fastnacht” kommt vom mittelhochdeutschen “vastnaht” und bedeutet schlichtweg “Vorabend der Fastenzeit”.

Auch die Bezeichnung Fasching geht auf das im 13. Jahrhundert benutzte “Vaschanc” zurück und beschreibt den “Fastenschank“, also den letzten Ausschank der Wirte vor der Fastenzeit. Entwickelt hat sich dieses Brauchtum wohl im 12. Jahrhundert, indem den 40 Tagen der Fastenzeit vor Ostern eine Zeit der Ausgelassenheit vorangestellt wurde. Heutzutage ist es den Menschen freigestellt, ob und was sie fasten, doch im Mittelalter wurden die Regeln des Fastens noch sehr streng befolgt. Fleisch und Milch waren tabu. Umso wichtiger war es für unsere Vorfahren, vor dem Verzicht nochmal “richtig reinzuhauen”.

Geduldet wurden die ausartenden Feierlichkeiten zur Faschingszeit von der Kirche, weil sie in ihren Beschreibungen auf die Lehren des Kirchenvaters Augustinus von Hippo (geb. 354) zurückgeht. Dieser beschrieb in seinem Werk “de civitate Dei” (Vom Gottesstaat) auch dessen Gegenteil, den civitas diaboli, den Staat des Teufels. Wie der Mensch so ist auch dieser vergänglich und am Ende sollte Gott siegreich bleiben. Deswegen billigten die Kirchenoberen auch Feierlichkeiten bis Aschermittwoch, doch alles was darüber hinaus ging, wurde streng verfolgt. Dadurch sollte die unausweichliche Umkehr zu Gott symbolisiert werden.

Eine erste Erwähnung der Fastnacht gab es im Roman “Parzival” von Wolfram von Eschenbach aus dem Jahre 1206. Wolfram beschreibt dort, wie Frauen rund um die Burg der Grafen von Hirschberg-Dolnstein am Donnerstag vor Aschermittwoch närrische Spiele in Kostümen aufgeführt hätten. Anhand dieser Erwähnung nimmt die kleine Gemeinde Dollnstein im Altmühltal für sich in Anspruch, der Ursprung des deutschen Karnevals und der Weiberfastnacht zu sein.

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Eine der größten Hochburgen des Karneval ist unbestritten Köln, doch kann man sich heutzutage kaum noch vorstellen, dass es dessen Geschichte mehrfach Bemühungen gab, den Karneval zu verbieten. Es wurde versucht, an den Karnevalstagen den Ausschank von Wein und Bier zu verbieten. Auch standen Spiele und Tänze an geheimen Orten ohne das Wissen der Zünfte des öfteren unter Verbot.

Durch die Reformation, die viele Gebote der katholischen Kirche in Frage stellte, wurde der Karneval in manchen Regionen erstmal seiner Grundlage beraubt. So war doch die Fastenzeit die Voraussetzung der Karnevalsfeste, und ohne den Verzicht hatten auch die vorangegangenen Ausschreitungen keinen Sinn mehr.

In den protestantischen Regionen gingen somit manche Bräuche verloren und wurden erst im 18. Jahrhundert durch die Kurfürsten und das Bürgertum langsam wieder eingeführt. Unter Napoleon gab es auch wieder eine “närrische Durststrecke” von 1795 bis 1804, als die französischen Besatzer den Karneval wieder erlaubten.

Straßenkarneval in Köln, Funken – Illustration aus dem 19. Jahrhundert

Straßenkarneval in Köln, Funken – Illustration aus dem 19. Jahrhundert

Der erste Rosenmontagszug in Köln fand 1823 statt und war wohl der Versuch der Stadtoberen das Treiben in geordnete Bahnen zu lenken. Dies ist auch das Jahr an dem der “Held Carneval” das erste Mal an der Spitze des fröhlichen Treibens stand. Der Bauer wurde bereits 1422 das erste Mal erwähnt, die Jungfrau, als Verkörperung der Stadtgründerin Aggripina dann 1570. Ab 1871 wurde dann aus dem Helden der Prinz und damit das Dreigestirn, wie wir es heute aus dem Kölner Karneval kennen, komplettiert.

Straßenkarneval in Köln – Illustration aus dem 19. Jahrhundert

Straßenkarneval in Köln – Illustration aus dem 19. Jahrhundert

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Ein wichtiges charakterliches Merkmal des Karneval ist, daß es im Zeitraum der Feierlichkeiten keine Standesunterschiede gibt. Diese Prinzipien gab es auch schon bei zahlreichen Festlichkeiten viele Jahrhunderte vor dem Christentum. Historisch betrachtet sind diese nicht als Vorläufer des heutigen Karnevals zu betrachten, fanden aber alle ungefähr zur gleichen Zeit und mit ähnlichem Hintergrund statt. Im antiken Mesopotamien wurde z.B. ein siebentägiges Fest nach Neujahr gefeiert. In dieser Zeit wurde nicht gearbeitet und die Standesunterschiede waren aufgehoben. Auch in vielen anderen Kulturen feiert man um die Zeit des Frühlingsanfangs ausgelassene Feste, wie z.B. die Dionysien, die in Griechenland zu Ehren des Gottes des Weines und der Ekstase ausgerichtet wurden.

Das Team von Myheritage wünscht allen Närrinnen und Narren eine schöne Karnevalszeit und natürlich “Helau” und “Alaaf”.