Ereignisse, die Deutschland formten – Die Schlacht auf dem Lechfeld
- Von Silvia


Liebe Leser, heute wollen wir Ihnen ein Ereignis vorstellen, das gemeinhin als die “Geburtsstunde der deutschen Nation” dargestellt wird:
die Schlacht auf dem Lechfeld
Geschichtlicher Hintergrund:
Um die Bedeutung dieser Schlacht zu verstehen muss man wissen, das es zu diesem Zeitpunkt nicht gut um das damals noch ostfränkische Reich stand. Wir schreiben das Jahr 954. Die Magyaren, ein Volk aus Ungarn, bedrängte nun schon seit mehreren Jahrzehnten die Grenze des Reiches. Zusätzlich musste sich König Otto I. einige Jahre mit einem Aufstand aus dem Süden des Reiches herumschlagen, den sein erstgeborener Sohn Liudolf angezettelt hatte. Auch mit dessen formeller Unterwerfung im Dezember 954 waren die Aufstände noch nicht gänzlich vom Tisch.
Schon ein paar Monate später trafen ungarische Gesandte bei Otto ein. Vornehmlich, um ihre Freundschaft zu beweisen, wahrscheinlicher ist aber dass sie seine Stärke ausloten wollten. Jedenfalls fielen kurz nach ihrer Abreise die Ungarn wieder ins Reich ein.
Bischof Ulrich von Augsburg schreibt in seiner Vita folgendes:
„Sogleich im folgenden Jahr freilich, im Jahr 955 nach Menschwerdung unseres Herrn Jesus Christus, brach eine solche Menge Ungarn ein, wie sie keiner von den damals lebenden Menschen, wie man hörte, zuvor irgendwo gesehen hatten. Sie besetzten und verwüsteten das Bayernland vom Donaufluss bis zum Schwarzen Wald, der zum Gebirge gehörte. Als sie den Lech überschritten und Alemannien besetzten, brannten sie die Kirchen der heiligen Afra nieder, plünderten die ganze Provinz von der Donau bis zum Wald und verbrannten den größten Teil [des Landes] bis zum Fluss Iller. Die Stadt Augsburg aber, die damals von niedrigen, turmlosen Mauern umgeben in sich selbst nicht fest war, belagerten sie.“
Der Beginn der Schlacht auf dem Lechfeld
Die Schlacht auf dem Lechfeld begann also mit einer Belagerung. Die Ungarn wollten, wie es scheint, die Herrschaft über Bayern und Schwaben erringen und wurden bei Augsburg gestoppt. Trotz der schlechten Befestigung der Stadt konnte diese über mehrere Tage gehalten werden, bis die Heere König Ottos schließlich eintrafen. Die Ungarn waren bereits von einerm der Aufrührer aus dem Süden des Reiches gewarnt worden und sammelten sich zur Feldschlacht, die Augsburger ihrerseits schickten jeden Mann den sie entbehren konnten, um das Heer des Königs zu verstärken.
Schon bei der Vorbereitung der Schlacht musste das ostfränkische Heer eine Schlappe einstecken. Als sich die bairischen und fränkischen Heere einen gegenseitigen Treueeid schworen, schlichen sich die Ungarn im Schutze des Waldes an sie heran und schlugen sie in die Flucht. Da sie sich aber damit aufhielten den Tross zu plündern, konnte Konrad der Rote, eine der engsten Vertrauten Ottos, sie mit seinen Franken wiederum in die Flucht schlagen.
Die eigentliche Schlacht auf dem Lechfeld ist nicht besonders gut dokumentiert, sodass man auch bei den wenigen Informationen vorsichtig mit dem Wahrheitsgehalt sein muss. Das König Otto eine flammende Rede gehalten und anschließend als Erster losgeritten ist, scheint reine Fiktion zu sein. Verschiedene Experten vermuten, das ein Sommergewitter entscheidend zum Ausgang der Schlacht beigetragen hat, da dieses die Bögen der Ungarn unbrauchbar gemacht hätte. Am wahrscheinlichsten ist jedoch, dass Ottos Taktik der seines Vaters ähnelte. Die leichte Reiterei forderte die Ungarn heraus und lockte diese in Reichweite der Panzerreiter.

Schlacht auf dem Lechfeld, Deckenfresko der Pfarrkirche St. Ulrich in Eresing, 1757. Quelle: Wikipedia. Diese Datei ist lizenziert unter der Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported Lizenz.
Nachdem die Franken die Schlacht für sich entschieden hatten, flohen die Ungarn in Richtung Augsburg. Da auch hier die Sommergewitter zur Folge hatten, dass die Lech und andere Flüsse anschwollen, konnten die Ungarn nicht als Einheit zu ihren Lagern übersetzen. Dies nutzten die Augsburger und verschiedene Einheiten aus Ottos Armee, um ihnen nachzusetzen und die Ungarn nach und nach niederzumachen. Die Anführer der Ungarn wurden von Ottos Bruder, Heinrich I. von Bayern, gefangen, der sie am 1.11.955 hängen ließ.
Der Sieg auf dem Lechfeld bedeutete für König Otto eine Bestätigung seiner Herrschaft und für die Ungarn eine Veränderung ihrer kompletten Gesellschaft. Der ungarische Großfürst Geza aus dem Geschlecht der Arpaden bat Otto um Missionare und Hilfe bei der Entmachtung des alten Kriegeradels.
Genealogy fun fact: Eine Generation nach der Schlacht vom Lechfeld verbanden sich die Häuser der Ottonen und der Arpaden. Gezas Sohn Stephan, dem man später den Beinamen “der Heilige” gab, heiratete die ostfränkische Prinzessin Gisela von Bayern, eine Großnichte von Otto.