Pennsylvania German

Pennsylvania German

Wer durch die USA reist, kann sich natürlich blendend auf Englisch verständigen. Auch mit Spanisch kommt man in vielen Gegenden des Einwanderungslandes passabel zurecht. Und in einer Region stehen die Chancen sogar gut, sich auf Deutsch mitteilen zu können. Zumindest wenn man an einen Amerikaner gerät, für den ein alter deutscher Dialekt immer noch Alltags- und Muttersprache ist – das Pennsylvania German. Seine Sprecher leben zurückgezogen in US-Staaten wie Ohio, Indiana oder eben Pennsylvania und halten auch drei Jahrhunderte nach den ersten deutschen Siedlern die Mundart ihrer Vorfahren am Leben.

Sprachlich ist Pennsylvania-Deutsch verwandt mit Dialekten wie Pfälzisch, Elsässisch und Schwäbisch – auch Schweizerdeutsch und englische Lehnwörter haben Einfluss. Hochdeutsche können daher kaum tiefgründige Gespräche mit den Pennsylvania-Deutschen führen – am ehesten gelingt das noch Menschen aus dem Südwesten der Republik.


Aus dem öffentlichen Leben ist die alte Sprache mittlerweile weitgehend verschwunden. Konservative Religionsgruppen wie Amish und Mennoniten benutzen sie nach wie vor. Die Nachfahren von Einwanderern aus Südwestdeutschland, dem Elsass oder der deutschsprachigen Schweiz pflegen die alten Traditionen und bewahrten ihre Muttersprache damit vor dem Aussterben.

Mittlerweile steht der Dialekt sogar wieder höher im Kurs – bei Mundartdichtern, Heimatverbänden und auch bei Forschern. „Es stimmt, es gibt ein neues Interesse an ‚Pennsylvania German‚“, sagt Edward Quinter von der Kutztown University in Pennsylvania. Dort, wo sich einst die ersten deutschen Siedler niederließen, kann man die Sprache sogar im Nebenfach studieren.

Die Aufmerksamkeit der Hochschule kommt nicht von ungefähr, denn die Zahl der Sprecher nimmt zu! „Ungefähr 400.000 Menschen beherrschen heute Pennsylvania Deutsch„, schätzt Michael Werner. Der Sprachwissenschaftler hat über den Dialekt promoviert und ist Herausgeber einer eigenen Mundart-Zeitung.

Noch vor rund 100 Jahren habe es in Pennsylvania eine deutsche Sprachinsel von der Größe der deutschsprachigen Schweiz gegeben, sagt Werner. Das waren damals über eine Million Menschen. Mitte des 20. Jahrhunderts aber sank die Zahl der Sprecher rapide. Die antideutsche Stimmung in Amerika machte auch vor Pennsylvania-Deutsch nicht Halt. Niemand wollte mit den „Krauts“ oder Nazis assoziiert werden. Viele Kinder lernten damals nur Englisch. Die „verlorene Generation“ nennt sie Quinter.

Doch das ist Vergangenheit: Werner ist sich sicher, dass die Sprache Zukunft hat, „allein wegen der hohen Geburtenrate der Amish„. Nach Angaben des Elisabethtown College im Bundesstaat Pennsylvania hat sich die Bevölkerung der Amish in den letzten 20 Jahren bereits auf rund 250.000 verdoppelt. Die Rechnung ist einfach: Steigt die Zahl der Amish, steigt auch die der Dialektsprecher. Sollte sich dieser Trend fortsetzen, könnten es in 30 bis 40 Jahren schon wieder eine Million sein!

Quelle: Financial Times Deutschland