

Kirchenbücher sind nicht nur wichtige Quellen der Ahnenforschung, sie bieten oft auch Amüsantes und Trauriges
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von admin ·
- 14. März 2011
- · Keine Kategorie
Heute möchten wir euch amüsante und traurige Hinweise aus Kirchenbüchern vorstellen. Zum Beispiel das Kirchenbuch von Wichmannsdorf:
Der Pfarrer von Wichmannsdorf ließ sich nicht gern von seinen Schäfchen an der Nase herumführen. Dennoch passierte das während seiner Amtszeit im 19. Jahrhundert. Damals wurde den Brautleuten im Traugespräch auch die Frage gestellt, ob sie denn noch Jungfrau und er noch Junggesell sei. Brav antworteten die meisten mit „Ja“. Nach der Heirat wurde dann bei manchem Paar offenbar, dass es geschwindelt hatte, weil das erste Kind viel früher als „erlaubt“ das Licht der Welt erblickte. In einem Jahr geschah das in Wichmannsdorf mehrmals. Bei sechs von acht Eintragungen im Kirchenbuch strich der Pfarrer deshalb den Stand „Jungfrau“ durch und schrieb stattdessen „Gelogen, gelogen, gelogen!“ hin.
Eine amüsante Anekdote, die ein bezeichnendes Licht auf die Moralvorstellungen jener Zeit wirft. In Kirchenbüchern lässt sich oft mehr finden als nur Namen und Daten. Das hing ganz von der Einstellung des jeweiligen Pfarrers ab. Manch einer hatte das Bedürfnis, beispielsweise ins Sterbebuch nicht nur Namen und Todestag, sondern auch die Todesursache einzutragen.
Der Pfarrer von Kröchlendorff hat zum Tode eines Neffen des Reichskanzlers Bismarck angemerkt, dass es ein Unfall war, obwohl das wohl nicht gegenstandslose Gerücht ging, es sei Selbstmord gewesen.
Aber auch die ganz „normalen“ Einträge in Kirchenbüchern geben Aufschluss über vieles, zum Beispiel das soziale Verhalten. Wem ein Kind geboren wurde, der versuchte, möglichst honorige Paten zu gewinnen. Zum einen, damit das Kind im Todesfall der Eltern eine Absicherung hat, zum anderen um der eigenen Ehre oder Eitelkeit willen. Für die Beschäftigten der Glashütte Himmelpfort-Pian hat Erich Köhler, ein Pfarrer, der sich mit den alten Kirchenbüchern beschäftigt hat, beispielsweise herausgefunden, dass es eine richtige Paten-Hierarchie gab. An oberster Stelle kamen die Glasarbeiter, dann folgten wichtige Leute in der Gemeinde und ganz zuunterst die Schürer, die ständig das Feuer in Gang halten mussten.
Kirchenbücher hatten von Anfang an eine immense Bedeutung für die Ahnenforschung. Standesämter wurden im Deutschen Reich erst ein paar Jahre nach dessen Gründung 1871 eingeführt. Wer nach seinen Ahnen suchte, kam also an den Kirchenbüchern nicht vorbei. Auch heute erhalten die Pfarrämter beziehungsweise die zentralen Aufbewahrungsstellen für Kirchenbücher der Landeskirchen noch etliche Anfragen von Menschen, die Lücken im Familienstammbaum schließen möchten. Manchmal geht’s dabei sogar um große Erbschaften.
Der Rassismus der deutschen Nationalsozialisten führte zu einem immensen Arbeitsaufwand in den Pfarrämtern, denn Angehörige etlicher Berufsgruppen (beispielsweise Ärzte, Juristen, Beamte) mussten einen „Ariernachweis“ erbringen. Bei Rängen ab SS-Führer aufwärts musste sogar eine Ahnentafel bis ins Jahr 1750 vorgelegt werden. „Nichtarier“ wie Juden, Sinti und Roma wurden ausgegrenzt und systematisch vernichtet.
Erich Köhler hat gestern Abend während einer Veranstaltung des Heimatvereins Kloster Himmelpfort eine spannende Geschichte erzählt. Seit vielen Jahren wurde danach gesucht, woher eine inzwischen verstorbene Überlebende des Untergangs der „Titanic“ stammt. Kirchenbücher in ganz Berlin und Umland wurden gewälzt, und das nicht nur in den evangelischen Gemeinden. Gefunden wurde schließlich der gesuchte Eintrag in einem Kirchenbuch von – Himmelpfort! Als die Frau das Unglücksschiff bestieg, erinnerte gewiss nichts mehr an die Herkunft in einem kleinen uckermärkischen Dorf. Sie war eine feine und reiche Lady geworden.
Damit solche Nachforschungen zum Erfolg führen, „muss man erstens die deutsche Schrift lesen können und zweitens auch dann nicht aufgeben, wenn der Pfarrer eine fürchterliche Klaue hatte“, so Köhler.
Habt Ihr auch schon Überraschungen bei der Lektüre von Kirchenbüchern erlebt?
Quelle: Märkische Allgemeine
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O.h.giffeler
27. April 2012
Ausgezeichnete arbeit!