Interview mit Rafał T. Prinke

Interview mit Rafał T. Prinke

(Dieses Interview ist eine Übersetzung aus dem Polnischen. Das Original findet ihr hier.)

Rafał T. Prinke

Rafał T. Prinke

Rafal T. Prike ist am 18. Januar 1955 in Posen geboren und ist einer der wichtigsten polnischen Genealogen. Sein Interesse an der Familienforschung entstand durch die Nutzung diverser genealogischer PC-Programme. Er studierte englische Philologie an der Adam Mickiewicz Universität in Posen, wo er 1977 graduierte. Im Jahre 2000 machte er am Geschichtsinstitut der Adam Mickiewicz Universität seinen Doktortitel. Mit seiner Frau Katarzyna Prinke (geb. Wejchan) hat er zwei Kinder, Michał und Stanisław. Ziemlich interessant für Neulinge auf dem Gebiet der Ahnenforschung durfte der Leitfaden sein, den Rafal veröffentlicht hat. Für alle die ihre polnischen Wurzeln erforschen wollen, kann diese Quelle sehr hilfreich werden.


Organisationen bei denen er Mitglied war/ist:

  • Verein für Astrologen in Posen (Vizepräsident und Gründer 1978-1980)
  • Alter mystischer Order der Ritter des Shamballa (Mitglied seit 1984)
  • Genealogisch-Heraldische Gesellschaft (Präsident und Gründer)
  • Polnische genealogische Gesellschaft (Mitglied seit 1987)
  • Polnische heraldische Gesellschaft (Mitglied seit 1988)
  • Verein für Computergenealogie, (Mitglied seit 1991)
  • Internationaler Verein für Geschichte und Informatik (Mitglied seit 1993. Seit 1994 Mitglied des Vorstandes der polnischen Sektion)
  • Polnische geschichtliche Gesellschaft (seit 1994 Mitglied des Verwaltungsratsausschusses)


Einige seiner Veröffentlichungen:

  • Leitfaden Sternenhimmel –Einführung in die humanistische Astrologie, Posen 1981 (Co-Autor Leszek Weres)
  • Monographie der Familie Zawacki, Posen 1986
  • Leitfaden für Amateurgenealogen, Warschau 1993

Von ihm erstellte Software:

  • GDB – Genealogie-Programm für das ZX Spectrum (1986 – kostenlos)
  • GensNostra – Programm zur Erstellung und Verarbeitung von Genealogie-Datenbanken (1988 – in der Bibliothek Kornicka Sciences, erzbischöfliches Archiv der Erzidöse Posen)
  • GenBib – Bibliographie der polnischen Genealogie und Heraldik (1986 – kostenlos)

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MH: Wie ist Ihr Interesse für Ahnenforschung entstanden?

RTP: Ich hatte das Glück, dass mir mein Urgroßvater alte Unterlagen überlassen hat. Schon in der Grundschule fing ich an mich für Genealogie zu interessieren. Als ich aufs Gymnasium gekommen bin, fing ich mit der Organisation der Dokumente an, ich überprüfte und vervollständigte sie. Ohne diese Informationen wäre es sicherlich schwieriger gewesen viele Einzelheiten über die Familie herauszufinden, da meine Familie sehr mobil gewesen ist. Ich untersuchte zunächst die Familie meines Vaters und später konzentrierte ich mich auf die Wurzeln meiner Frau.

MH: Sie haben viele Bücher geschrieben, darunter auch einen Leitfaden für Amateurgenealogen. Können Sie uns etwas mehr über das Buch erzählen?

RTP: Mein Wunsch war es anderen Menschen mit meiner Leidenschaft für Ahnenforschung anzustecken. Dieses Buch ist gewissermaßen mein Ergebnis. Zudem bin ich Lehrer, das Unterrichten liegt also in meiner Natur. Andere Veröffentlichungen wie z.B. „Königliches Blut“, welche ich zusammen mit Prof. Andrzej Sikorski geschrieben habe, dienen ebenfalls als Lehrmittel für andere Genealogen.

MH: Sie gründeten die Gesellschaft für Familienforschung von Posen. Wie funktioniert diese Organisation? Kann dort jeder Mitglied werden oder gibt es bestimmte Auswahlkriterien?

RTP: Die Gesellschaft für Familienforschung war die erste genealogische Organisation, die nach dem Kommunismus in Polen gegründet wurde. Die Arbeit dort verläuft dynamisch und unterliegt der Leitung des Präsidenten Leszek Krajkowski. Die genealogischen und heraldischen Gesellschaften von Posen veröffentlichen jährlich eine Zeitschrift namens Gens, bei der Mitglieder der Gesellschaft ihre Forschungsergebnisse präsentieren können.  Die Ziele dieser Gesellschaft sind zum einen die Popularisierung der genealogischen und heraldischen Kenntnisse unter Amateuren und zum Anderen die Durchführung von Forschungsprojekten, wie z.B. die Erstellung von Inventaren von archivierten Quellen und Bibliographien, die Indexierung wichtiger Register und der Aufbau einer Bibliothek. Jeden Monat gibt es Sitzungen mit wissenschaftlichen Vorträgen und Diskussionen. Jeder Erwachsener  und Minderjähriger (mit Zustimmung der Eltern) kann der Gesellschaft beitreten. Es gibt keine Auswahlkriterien wie die Herkunft oder Bildung einer Person. Es sind bereits eine Reihe von ähnlichen regionalen Vereinen gegründet worden, sodass Menschen, die sich für Genealogie interessieren und nicht nach Posen kommen können, auch dort teilnehmen können.

MH: Wenn Sie die Wahl hätten, welche berühmte Persönlichkeit würden Sie gerne in Ihrem Stammbaum vorfinden und warum?

RTP:  Solche „Träume“ hatte ich noch nie. Mir würden Belege über die Herkunft eines bereits etablierten Vorfahren mehr Spaß machen, aber leider besitze ich nicht genügend Quellen. Der Ursprung einer bekannten Persönlichkeit ist so interessant, dass die Großteile der Wurzeln bereits entdeckt wurden und somit ist es leicht diese Stammbäume mit Vor- und Nachfahren zu erweitern.  Auf der anderen Seite muss man bedenken, dass wenn ein Mensch vor vielen, vielen Jahren geboren wurde (z.B. Mieszko I.  oder Karl der Große) es sehr wahrscheinlich ist, dass diese Menschen mit vielen anderen, die heutzutage in Europa und Amerika leben, verwandt sind. Viel spannender ist es also, einen Vorfahren zu finden, der nicht in Enzyklopädien erwähnt wird und den wir selbst erforschen müssen.

MH: Sollten wir bei der Forschung unserer Familie einen professionellen Genealogen zu Hilfe holen?

RTP: Die eigene Ahnenforschung macht am Meisten Spaß! Natürlich kann jeder von professioneller Hilfe profitieren, wenn man bspw. Einblicke in weit entfernte oder ausländische Archive benötigt. Nichts kann jedoch die eigene Befriedigung, die man beim Entdecken der eigenen Familiengeschichte hat, ersetzen. Es ist wie Briefmarken sammeln – Man kann sofort eine wunderware Sammlung haben (wenn man genügend Mittel dazu hat) – aber: hat diese dann den gleichen Wert wie die Sammlung, die wir mühsam im Laufe unseres Lebens aufgebaut haben?

MH: Was sollte man bei der Ahnenforschung beachten?

RTP: Zunächst sollte man viele Informationen sammeln und diese dann organisieren. Im nächsten Schritt kommt die Befragung älterer Familienmitglieder, die als Basis des Familienstammbaumes dienen. Bei Familienfeiern oder Besuche am Besten Fragebögen mitnehmen, denn es sind gerade diese Menschen, die die wichtigsten Dokumente besitzen. Ältere Familienmitglieder sind vorallem wichtig, da sie uns wertvolle Informationen und Anregungen zu Kirchen- und Staatsarchiven geben können.

MH: Was denken Sie sind die Wünsche und Ziele der Menschen, die Ahnenforschung betreiben?

RTP: Schwer zu sagen. Das hängt wahrscheinlich von den individuellen Bedürfnissen ab, aber es ist wohl der Wunsch die eigene Vergangenheit zu entdecken und zu verstehen. Aus den gleichen Gründen sind wir an der Geschichte unserer Stadt, der Region oder des Landes interessiert. Natürlich haben nicht alle dieses Interesse – andere bevorzugen Briefmarken! Das ist aber auch gut so, denn wenn jeder das gleiche tun würde, wäre unsere Welt etwas beängstigend.

MH: Was können wir tun, wenn unsere Recherchen zum Stillstand kommen und wir nicht wissen wie es weitergehen soll?

RTP: Es gibt keine klare Antwort auf diese Frage. Es ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Man muss oft nur etwas aufmerksamer schauen – oft ins Dunkle. Das systematische Durchsehen von Dokumenten kann einen oft weiterbringen, aber wenn ein Vorfahre aus einem fernen Winkel der Republik oder aus einem anderen Land kommt, kann oft nur der Zufall eine Antwort geben. Man kann mit Hilfe von Arbeitgebern oder Vorgesetzten weiterkommen, in Tagebüchern oder Schulunterlagen suchen. Man sollte jedoch auch erkennen können, dass oft eine Sackgasse entstehen kann, wenn frühere Aufzeichnungen einfach nicht mehr existieren. Insbesondere im Falle von Bauernfamilien, wo das Buch mit Geburtsurkunden endet, ist es sehr unwahrscheinlich (aber nicht unmöglich), dass wir einige frühere Personen finden, und viel wichtiger ihre Verbindungen zu anderen bereits bekannten Personen.

MH: Welche Datenbanken würden Sie unseren Nutzern empfehlen?

RTP: Derzeit gibt es in Polen und natürlich auch weltweit eine Menge genealogischer Datenbanken. Ich möchte hier ungern welche davon empfehlen, jedoch finde ich die Datenbank von Dr. Marek Minakowski eine gute Basis für Studien über adelige Familien. Ein wertvolles Werkzeug bietet das Head Office of State Archives, eine Datenbank lebenswichtiger Aufzeichnungen und anderer Materialien, welches „Pradziad“ genannt wird. Es ermöglicht das schnelle Auffinden von Archiven. Desweiteren bietet ein von Dr Łukasz Bielecki initiiertes Projekt Einblicke in polnische Eheaufzeichnungen. Dieses Dokument wurde ebenfalls in mehreren Sprachen übersetzt, auch auf Deutsch. Ich könnte jetzt viele weitere Aufzählen, aber es würde nicht alle wichtigen umfassen können. Solche Initiativen stützen und erleichtern uns Genealogen die Arbeit. Der Wert der gemeinschaftlichen und selbstlosen Arbeit beim Posen – Projekt sollte in besonderer Weise betont werden. Dieses ist einer der schönsten Formen einer Online-Gemeinschaft, in diesem Fall eine Webseite der genealogischen Subkultur.

Wir danken Rafal Prinke ganz herzlich für seine Teilnahme in unserer Interviewreihe und hoffen, dass euch das Interview gefallen hat.

Bemerkungen

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  • Wilhelm Niederreiter

    13. Dezember 2010

    Sehr geehrter Herr Prinke,
    Leider spreche ich kein Wort Polnisch, sondern nur English außer Deutsch. Ich bin deswegen angewiesen, auf deutsch oder englisch zu korrespondieren. Geht das?
    Ich ein Deutscher aus Bessarabien (heue: Ukraine). Die meisten meinerAhnen kommen aus Süddeutschland. Doch manche Vorfahren meiner Großmutter stammen aus SCHLESIEN. Ich weiß allerdings nicht, von WO! In den bessarabiendeutschen Kirchenbüchern stand nur „Christian Gottlieb GUTSCHE, *1770/71 Schlesien“ oder „Karl GUTSCHE, *5.6.1808 Schlesien“.
    Können Sie mir weiterhelfen oder einen schlesischen Ahnenforscher empfehlen? Danke.
    Mit freundlichen Grüßen, Wilhelm Niederreiter