Wir gedenken: Karl Heinrich Ulrichs

Wir gedenken: Karl Heinrich Ulrichs

Zum Ende des Pride-Months wollen wir einem Mann gedenken, der ein Vorkämpfer für die Gleichstellung von Homosexuellen war: Karl Heinrich Ulrichs.

Wer war Karl Heinrich Ulrichs?

Karl Heinrich war Jurist, Schriftsteller und ein Pionier der Sexualwissenschaft, zuallererst wohl wegen seiner Publikationen über gleichgeschlechtliche Liebe. Seine Schriften “Forschungen über das Räthsel der mannmännlichen Liebe” wurden zu ihrer Zeit in vielen deutschen Staaten verboten. In ihnen behandelte er das Konzept von der weiblichen Seele im männlichen Körper, sowie seine eigene Terminologie zu den Konzepten von Homo- und Heterosexualität. Da diese Begriffe erst später geprägt wurden, benutzte er als Grundlage seiner Beschreibungen Aphrodite, die griechische Göttin der Liebe in ihren verschiedenen Erscheinungsformen. 

Heterosexuelle Menschen bezeichnete er als Dioning bzw. Dionide, nach der Aphrodite Dionea, die ein Kind von Zeus und Dione, also einer zweigeschlechtlichen Liebe, war. Homosexuelle Menschen waren für ihn Urning bzw. Urniden, nach Aphrodite Urania, die nach den griechischen Mythen aus den abgetrennten Körperteilen ihres Vaters entstand, also einer eingeschlechtlichen Liebe entstammte.

Aphrodite Urania als Schirmherrin der Künste

Aphrodite Urania als Schirmherrin der Künste

In seiner Überzeugung waren diese zwei Konzepte von verschiedener Art, weswegen für ihn auch die Bezeichnung der “widernatürlichen Unzucht” für die Urninge nicht haltbar war, da sie sich nur gemäß ihrer Natur verhielten. Aufgrund dieser Überzeugung forderte er daher die Straflosigkeit homosexueller Handlungen, sowie eine Anerkennung der Ehe unter Homosexuellen und deren Gleichstellung. 

Als er diese Forderungen erstmal 1867 auf dem deutschen Juristentag vortrug und selbst als einer der “Urning” bekannte, löste er jedoch einen Tumult aus, in dem seine Forderungen weitgehend untergingen. 

Wegen dieses “Coming-Outs” und seiner mutigen Haltung zu seiner Sexualität wurde er vom Sexualforscher Volkmar Sigusch als der “Erste Schwule der Weltgeschichte” bezeichnet.

Karl Heinrich Ulrichs

Auch wenn seine Forderungen nicht angenommen wurden, war Karl Heinrich Ulrich selbst stolz auf seinen Auftritt, den er mit den folgenden Worten kommentierte: 

Bis an meinen Tod werde ich es mir zum Ruhme an rechnen, dass ich am 29. August 1867 zu München in mir den Muth fand, Aug’ in Auge entgegenzutreten einer tausendjährigen, vieltausendköpfigen, wuthblickenden Hydra, welche mich und meine Naturgenossen wahrlich nur zu lange schon, mit Gift und Geifer bespritzt hat, viele zum Selbstmord trieb, ihr Lebensglück allen vergiftete. Ja, ich bin stolz, daß ich die Kraft fand, der Hydra der öffentlichen Verachtung einen ersten Lanzenstoß in die Weichen zu versetzen.“

Karl Heinrich Ulrichs geht ins Exil

Nach der Gründung des deutschen Kaisereichs und einer immer mehr um sich greifenden Homosexuellenverfolgung ging Karl Heinrich Ulrich schließlich im Jahre 1880 ins Exil nach Italien, wo er eine Zeitung mit Namen Alaudea herausbrachte, die sich zum Ziel setzte, das Latein als Sprache der humanistisch Gebildeten zu propagieren. Im Jahre 1883 zog er nach L´Auquila, wo er 12 Jahre später starb.